Glücksspiel und Steuern in Deutschland: Ein Sachverhalt mit Tücken

Posted on: 13/10/2018, 05:30h. 

Last updated on: 11/10/2018, 06:16h.

Jährlich treffen sich Millionen von Deutschen auf Pferderennbahnen, in Wettbüros und Casinos oder sie spielen an virtuellen Spieltischen und Automaten. Doch müssen Gewinne aus Wetten und Casinospielen eigentlich versteuert werden?

Rechner
Sind Glücksspielgewinne steuerpflichtig? (Quelle: Pixabay)

Der neue Status Quo

Die Casinoindustrie hat sich in den letzten 20 Jahren stark verändert. Die großen Gaming-Anbieter generieren heute einen Großteil ihrer Umsätze aus Online-Slots, Online-Poker und digitalen Sportwetten.

Während der deutsche Fiskus in den frühen 2000ern kaum ein Auge auf die Gewinner dieser Spiele hatte, verfolgen die Finanzämter heute vor allem prominente Pokerspieler und bitten diese zur Kasse.

Auch wenn Glücksspielgewinne prinzipiell nicht zu besteuern sind, kam es also vor, dass der Staat Steuern für Gewinne verlangte.

Welche Steuern verlangte der Staat bereits?

In diesen Fällen forderte der Fiskus Einkommenssteuern und Umsatzsteuern.

Nach juristisch gängiger Definition ist:

„Die Einkommensteuer (…) eine direkte Steuer, die in Deutschland auf das Einkommen natürlicher Personen erhoben wird“

Bei der Umsatzsteuer handelt es sich hingegen um eine Steuer, die das Entgelt für Lieferungen und sonstige Leistungen von Unternehmern besteuert.

Freizeitspieler oder Berufsspieler

In den letzten Jahren haben sich die deutschen Gerichte zunehmend mit der Frage beschäftigt, wann Einkommens- und Umsatzsteuer für Spielgewinne anfallen. Vor Gericht landeten ab und zu Fälle von Pokerspielern, die auf Gewinne weder Einkommens- noch Umsatzsteuer zahlten. Die Spielgewinne, so argumentierten viele Beklagte, resultierten lediglich aus einer Freizeitaktivität. Eine Klärung musste her.

Das Bundesfinanzgericht stellte in den Entscheidungen (BFH XI R 48/91; BFH/NV 94,622) fest, dass Spielgewinne nach § 15 EstG (Einkommenssteuergesetz) zu versteuern sind. Im konkreten Fall hatte ein Kartenspieler täglich sechs Stunden gespielt und daraus einen Gewinn von 1500 € erzielt. Infolgedessen bewertete das Gericht das Kartenspielen als dauerhafte und zur Gewinnerzielung ausgeübte Tätigkeit. Folgt man dieser Entscheidung ist Berufsspieler, wer längerfristig zum Erhalt seines Lebensunterhaltes spielt – also ein Gewerbe ausübt.

Was ist Glücksspiel und was nicht?

Eddy Scharf am Pokertisch (Quelle: PokerStars Blog)

Um festzustellen, wer Berufsspieler ist, und deshalb besteuerbares Einkommen generiert, wurde häufig darüber gestritten, ob es sich bei Poker um ein Geschicklichkeits- oder Glücksspiel handelt. Die Gerichte vertraten dabei unterschiedliche Ansichten. Einige Gerichte entschieden, Poker sei ein Glücksspiel und Gewinne damit steuerfrei. Andere Gerichte, wie das Finanzgericht Köln, sahen dies anders. Im prominenten Fall des Pokerspielers Eddy Scharf forderte das Finanzamt Köln rückwirkend eine sechsstellige Summe.

Eddy Scharf gehörte zu den erfolgreichsten Pokerspielern Deutschlands.

Der ehemalige Berufspilot begann als Hobby-Pokerspieler und spezialisierte sich auf die Poker-Variante Pot-Limit-Omaha. In den Jahren 2001 und 2003 gewann er jeweils ein World Series of Poker-Armband in dieser Disziplin. Scharf war außerdem als TV-Experte und Moderator von Pokersendungen im deutschen TV aktiv.

Scharf habe in den Jahren 2003 bis 2008 keine Steuern auf Gewinne aus Turnierteilnahmen gezahlt. Scharfs Anwälte argumentierten, es handle sich bei Poker um ein Glücksspiel. Dieser Argumentation wollte das FG Köln nicht folgen. Scharf zog daraufhin vor das Bundesfinanzhof (BFH), der im Urteil vom 16.09.2015 (Az.: X R 43/12) die Entscheidung aus der Vorinstanz bestätigte. In der Urteilsbegründung ließ es der BFH interessanterweise dahinstehen, ob Poker ein Glücks- oder Geschicklichkeitsspiel ist. Es komme lediglich darauf an, ob es sich um eine nachhaltige Tätigkeit handele, die mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben werde.

Ob es sich bei der Teilnahme an Pokerturnieren um ein einkommenssteuerbares Verhalten handelt, wollte das Gericht letztlich nicht klären und verwies auf die Beurteilung des Einzelfalles. Scharf hat gegen das Urteil Verfassungsbeschwerde eingereicht.

Ihm gehe es darum, dass die Gerichte eine gleiche Bewertung gleicher Tatsachen vornehmen. Es müsse endlich geklärt werden, ob Poker ein Glücks- oder ein Geschicklichkeitsspiel ist.

Bundesverfassungsgericht
Der Fall Scharf muss jetzt vor dem Bundesverfassungsgericht entschieden werden. (Quelle: Flickr)

Mehr Glück mit der Umsatzsteuer

Der BFH hatte es im Fall Scharf zwar versäumt, die umsatzsteuerrechtliche Dimension des Turnierpokerspiels zu klären, dies aber im Urteil vom 30. August 2017 (XI R 37/14) getan. Darin heißt es:

„Der XI. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) (…) hat entschieden, dass Preisgelder oder Spielgewinne, die ein Berufspokerspieler (nur) bei erfolgreicher Teilnahme an Spielen fremder Veranstalter erhält, kein Entgelte für eine umsatzsteuerpflichtige Leistung des Pokerspielers (an den Veranstalter oder die Mitspieler) sind und der Pokerspieler deshalb von seinen Spielgewinnen keine Umsatzsteuer abführen muss.“

Dieses Urteil dürften Berufspokerspieler mit Genugtuung gelesen haben.

Lotterie

Lotto ist noch immer das beliebteste Glücksspiel der Deutschen. Wie wir kürzlich berichteten, sprießen neben der Staatslotterie, Sekundärlotterien wie Pilze aus dem Boden. Grundsätzlich sind Gewinne aus europäischen und staatlich lizenzierten Lotterien steuerfrei.

Begründet wird dies mit der Einstufung von Lotterien als reines Glücksspiel, ohne jeden Einfluss von Geschicklichkeit. Doch wer hohe Summen in einer Lotterie gewonnen hat, kann noch nicht ganz aufatmen. Wird der Gewinn angelegt, können Kapitalertragssteuern anfallen.

Online-Spielautomaten

Auch für Online-Spielautomaten (Slot Machines) gilt, dass Gewinne nicht als Einkommen deklariert werden müssen.

Anmeldung von Gewinnen bei Bezug von Sozialleistungen

Wer in Deutschland Sozialleitungen nach SGB II (Hartz IV) empfängt, darf grundsätzlich an Glücksspielen teilnehmen. Allerdings müssen die Gewinne beim Jobcenter gemeldet werden. Wie das Bundessozialgericht (BSG) mit Urteil vom 15.06.2016 (B 4 AS 41/15 R) entschied, sind Gewinne aus Gewinnspielen auf empfangene Leistungen anrechenbar.

In Sachen Steuern und Glücksspiel ist Vorsicht geboten. Dennoch sollte man sich von all dem Paragrafensalat nicht den Spaß am Spiel verderben lassen.