Leidet der russische Sportwetten-Traffic unter Anti-Piraterie-Maßnahmen?

Posted on: 10/12/2019, 01:02h. 

Last updated on: 10/12/2019, 01:18h.

Russlands Sportwetten-Branche erlebt derzeit einen Wandel. Webseiten führender Buchmacher wie 1xBet verlieren Besucher, während die Seiten unbekannterer Anbieter in der Gunst der Nutzer steigen.

Traffic-Kurve auf einem Handy
Der Traffic mancher russischer Buchmacher befindet sich im Sinkflug. (Quelle: Young woman analyzing website traffic earnings chart on iphone by https://perzonseo.com, licensed under CC BY 2.0)

Experten vermuten, dass vor allem Russlands Kampf gegen illegale Streaming-Seiten für die fallenden Traffic-Zahlen der Branchenführer verantwortlich sein könnte.

Einige Buchmacher schalten Werbelinks auf illegalen Film- und Serien-Portalen (Link auf Englisch), die zu ihren Sportwettenangeboten führen.

Russlands Medienaufsicht sperrt Links zu Streaming-Portalen

Wie Russlands Medienaufsicht Roskomnadzor letzte Woche mitteilte, sei die Behörde verstärkt gegen ebendiese Streaming-Portale vorgegangen. Seit der Einführung eines Anti-Piraterie-Memorandums im November 2018 habe man insgesamt mehr als 1,4 Millionen Links zu den Piraten-Seiten gesperrt.

Behörden-Funktionär Vadim Subbotin sagte gegenüber dem russischen Nachrichtenportal Interfax, dass eine Zusammenarbeit von Staat und Rechteinhabern zu einer effektiven Löschung der Links aus den Internetsuchmaschinen geführt habe:

„Wir können mit Zuversicht sagen, dass das Ergebnis positiv war: In den Suchergebnissen der größten Suchmaschinen gab es keine Links zu Raubkopien (…). Die Bearbeitung der Urheberrechtsansprüche erfolgte innerhalb weniger Minuten, so dass die Verbreitung von Raubkopien frühzeitig eingestellt werden konnte.“

Wer sind die Leidtragenden der Anti-Piraterie-Maßnahmen?

Während die Löschung der Links für die Rechteinhaber von Filmen und Fernsehserien einen Sieg darstellt, könnten sich die Maßnahmen für einige Buchmacher als schwerer Schlag erweisen.

Allein der Sportwettenanbieter 1xBet, der in Russland mit Genehmigung unter dem Namen 1xStavka operiert und über lange Zeit als Markführer galt, hat in den letzten Monaten fast 70 % seiner Seitenaufrufe eingebüßt.

Ein Mann prüft Daten am Laptop
Website-Traffic kann über Erfolg und Misserfolg eines Online-Buchmachers entscheiden. (Quelle: Pixabay)

Die Zahl der Webseiten-Besuche fiel laut dem Datenanalyseportal SimilarWeb von 9,7 Millionen (August 2019) auf 3,05 Millionen (November 2019).

1xBet ist in Russland für seine aggressiven Werbestrategien bekannt. Wie in diesem Sommer publik wurde, rangierte das Glücksspielunternehmen im 1. Quartal 2019 in Russland auf Rang 3 der größten Werbetreibenden im Bereich Online-Video-Werbung und war damit nur knapp hinter globalen Marken wie Pepsi und Google platziert.

Die Medienanalysten von Mediascope fanden außerdem heraus, dass 1xBet seine Werbung auf mindestens 447 Webseiten schaltete.

Viele Affiliate-Domains standen zu diesem Zeitpunkt allerdings schon auf einer schwarzen Liste der Medienaufsicht, deren Anti-Piraterie-Maßnahmen nun ihre Wirkung zu zeigen scheinen.

Auch Google geriet ins Visier der Behörden

Von den Anti-Piraterie-Maßnahmen gegen Online-Glücksspiel-Werbung waren in den letzten Monaten nicht nur Glücksspielbetreiber betroffen, sondern auch der Internetgigant Google.

Das Unternehmen wurde im Winter 2018 zu einer Geldstrafe in Höhe von 500.000 Rubel (ca. 6.600 Euro) verurteilt, weil es laut Medienaufsicht nicht ausreichend gegen Urheberrechtsverletzungen vorgegangen sei. Google habe entgegen der geltenden Gesetze gesperrte Internetseiten mit Glücksspielinhalten in seinen Suchanfragen gelistet.

Traffic-Einbruch trifft auch andere Buchmacher

Obgleich der kausale Zusammenhang von Regierungshandeln und Traffic-Rückgang noch nicht vollends statistisch belegt ist, scheint aktuell nicht nur 1xBet von einem Besucherschwund betroffen zu sein.

Dieser hat den in Russland populären Buchmacher Mostbet ebenfalls heftig getroffen. Der Wettbetreiber musste prozentual sogar höhere Besucherrückgänge als 1xBet hinnehmen. Die Seite verlor vom Oktober 2018 bis zum November 2019 86 % ihres Traffics.

Ähnlich erging es auch dem in Deutschland populären Sportwettenanbieter bwin, einer Marke des britischen Glücksspielkonzerns GVC. Nachdem die Besucherzahlen des russischen Ablegers in den letzten 13 Monaten stark zurückgegangen waren, häuften sich Gerüchte darüber, dass das Unternehmen über einen Ausstieg aus dem russischen Markt nachdenke.

Es gibt auch Gewinner

Dass sich erfolgreiche Werbekampagnen abseits von Streaming-Portalen lohnen können, zeigte in diesem Jahr der Sportwettenanbieter Parimatch.

Der Buchmacher, der in diesem Februar eine großangelegte Werbeoffensive mit dem MMA-Fighter Conor McGregor gestartet hat und dafür mit den SBC Marketing Award ausgezeichnet wurde, hat seit Oktober 2018 in Russland insgesamt 600.000 Webseiten-Besucher hinzugewonnen.