Italien: Glücksspielsektor öffnet mit Priorität vor Schulen und Museen

Posted on: 27/04/2020, 12:44h. 

Last updated on: 27/04/2020, 12:44h.

Seit dem heutigen Montag ist es ersten landbasierten Glücksspielanbietern in Italien erlaubt, ihre Geschäfte nach Wochen des Lockdowns unter strikten Sicherheitsauflagen wieder zu öffnen. Das betrifft zunächst die Betreiber von Lotto-, Bingo- und anderen Zahlenspielen. Doch auch Wettbüros und kleine Spielhallen sollen bereits eine Woche später folgen.

Italien Satellitenfoto mit Aufschrift we're temporarily closed
Italiens Glücksspielsektor soll noch vor Bildungseinrichtungen öffnen (Bild: Pixabay/Geralt)

Während dies im Angesicht der Corona-Krise erste gute Nachrichten sein dürften, empören sich Spielsuchtexperten, dass dem Glücksspiel allem Anschein nach eine größere Wichtigkeit zugesprochen werde, als Bildungseinrichtungen und Museen, die weiterhin geschlossen bleiben müssten.

In einem offenen Brief an Italiens Ministerpräsidenten Giuseppe Conte [Seite auf Italienisch] hinterfragt Luigino Bruni, ein bekannter Wirtschaftswissenschaftler und Professor für Wirtschaftspolitik an der römischen Privatuniversität Università LUMSA, die Wahl der Reihenfolge für die schrittweise Wiedereröffnung des Landes.

Was öffnet wann?

Ähnlich wie in Deutschland soll ein Großteil des öffentlichen Lebens in Italien mit Einschränkungen ab dem 4. Mai wiederbeginnen. Die sogenannte „Phase 2“ beginnt mit der Eröffnung von:

  • Öffentlichen Parks und Gärten
  • Kleineren Baustellen
  • Kleidungsgeschäften
  • Take-Aways
  • Friedhöfen und Beerdigungsinstituten
  • Wettbüros und Spielhallen

Museen, Friseure, Restaurants und Bars hingegen sollen am 18. Mai öffnen dürfen. Alle Schulen jedoch bleiben bis zum Beginn des neuen akademischen Jahrs im September geschlossen.

Glücksspiel sollte keinen Vorrang haben

Laut Bruni habe sich das Problem der Spielsucht in Italien durch die Corona-Krise deutlich verschlechtert. Die Menschen seien vulnerabler als je zu vor und die finanzielle Not sei groß. Er halte es daher für unverantwortlich, die Wiedereröffnung des Glücksspielsektors so früh voranzutreiben.

Seine mahnenden Worte an den Präsidenten lauten:

Ich frage Sie daher: Wie ist es möglich, dass der Glücksspielsektor noch vor wichtigen Industriebereichen wiedereröffnet wird? Wie können wir es Buchmachern und Spielhallen erlauben, unseren gefährdetsten Bürgern das Glücksspiel wieder anzubieten, während die Regierung doch, und zwar zu Recht, Spielsüchtigen auf verschiedenem Wege Unterstützung bereitstellt.

Bruni sei sich der wirtschaftlichen Bedeutung des Glücksspielsektors dabei bewusst. Langfristig solle die Branche durchaus wieder zur Normalität zurückkehren. Zum jetzigen Zeitpunkt, wo sich die Menschen in größter Not befänden, sei es jedoch ethisch nicht vertretbar, der Branche Vorrang zu geben.

Die Regierung solle daher „ein Opfer bringen“ und den Glücksspielsektor zu allerletzt öffnen. Schließlich habe der Präsident die gesamte Bevölkerung seit Wochen dazu aufgefordert, zugunsten eines erfolgreichen Lockdowns Opfer zu bringen.