Kritik am FIFA eSports-World Cup: Werden Vereine benachteiligt?

Posted on: 17/02/2019, 05:30h. 

Last updated on: 21/06/2019, 05:29h.

Vor einer Woche fand der FIFA eClub World Cup statt, bei dem die besten Teams den FIFA19-Weltmeister kürten. Doch kaum waren die Champions von dem favorisierten Team KiNG eSports gekrönt, kam auch schon Kritik an dem Modus der Veranstaltung auf.

Logo FIFA eClub World Cup
Der FIFA eClub World Cup fand 2019 in London statt (Bild: fifa.com)

eSports-Manager werfen den Organisatoren von der FIFA vor, dass durch die WM-Teilnahme von kommerziellen Teams wie dem des späteren Siegers gar nicht mehr die beste Club-Mannschaft der Welt gekürt wird.

Kritik an der jetzigen Regelung

Der Streit entzündet sich an der Frage, was einen Club ausmacht. Während die FIFA sagt, dass zwei Spieler und ein Logo genügen, damit ein Team bei der WM antreten darf, verlangen viele Vereine, dass es sich bei den Teilnehmern tatsächlich um Clubs handelt.

Bis vor zwei Jahren war dies auch die Position der FIFA, denn bis 2017 durften nur Mannschaften zum eClub World Cup, die zu einem bei der FIFA eingetragenen Fußballverein gehörten. Diese Regelung wurde danach zulasten der Vereine abgeschwächt.

Die Kritik wendet sich dabei ausdrücklich nicht an die Spieler, doch gerade das Siegerteam von der KiNG eSports GmbH aus Deutschland ist für viele Experten das Sinnbild einer nur zu Ertragszwecken kreierten Mannschaft: Mit den beiden Superstars F2Tekkz und Nicolas99fc versammelte es die beiden besten Gamer auf Xbox und PlayStation in seinen Reihen.

Beide spielen normalerweise bei anderen Teams: Während Nicolas99fc für den FC Basel aufläuft, spielt F2Tekkz bei der Firma The F2. Beobachter gehen deshalb davon aus, dass das FIFA-Turnier ihr einziger gemeinsamer Auftritt gewesen sein könnte.

Twitter Post von Johnson
Johnson machte seine Kritik via Twitter deutlich (Bild: twitter.com)

Diese Konstellation führte dazu, dass es die Gegner von KiNG bei jedem Konsolen-Match mit dem jeweils Weltranglistenersten zu tun bekamen. Wenn sie bei den Duellen tatsächlich einmal einen von ihnen geschlagen hatten, sahen sie sich im entscheidenden 4-gegen-4-Duell beiden Stars auf einmal gegenüber. Kein Wunder, dass KiNG angesichts dieser spielerischen Überlegenheit fast sämtliche Partien gewann.

Tim Reichert von dem eSports-erfahrenen Verein Schalke 04 fasste die Kritik auf Twitter zusammen:

“Dem Finale des FIFA eClub World Cup zuzuschauen ist so langweilig. Der Gewinner ist ein “Klub” mit Spielern vom FC Basel und F2 …?”

Auch Colin ‘CoJo’ Johnson, gleichzeitig Manager beim Fußballclub AS Rom und bei FNATIC, einem der weltweit erfolgreichsten eSports-Teams überhaupt, kritisierte die aktuelle Regelung scharf. Seiner Ansicht nach sei es Wettbewerbsverzerrung, wenn sich Teams ohne Club-Hintergrund vor großen Turnieren auf dem Markt bei den Top-Spielern bedienten und auf diese Weise den Clubs die Chancen auf einen Sieg nähmen.

Nach dem FIFA eClub World Cup beschwerte sich Colin Johnson via Twitter über den Einsatz der beiden Stars bei KiNG-eSports:

“Eine grobe Beleidigung gegenüber Clubs wie Ajax, Schalke oder Wolfsburg, welche sich seit vielen Jahren bemühen, die eSports-Szene aufzubauen. Die beiden Spieler sind zweifellos die besten der Welt, aber ich denke, darum sollte es bei dem Wettbewerb eigentlich nicht gehen. Demotivierend.”

Dazu setzte Johnson einen sarkastischen Tweet ab, in dem er der “KiNG eSports MARKETING AGENTUR” zum Sieg gratulierte und sich ironisch darüber freute, dass die FIFA für die beiden Gaming-Stars ein “Trainings-Camp” namens FIFA World Cup ausgerichtet habe.

Millionenspiel eSports

Der Einstig von fußballfremden Akteuren liegt neben der wachsenden Popularität der eGames an den lukrativen Verdienstmöglichkeiten, die Preisgelder und Marketingeinnahmen versprechen. Aus diesem Grund tummeln sich immer mehr Akteure in der vor Jahren noch überschaubaren Szene.

Die Manager der kommerziellen Mannschaften haben keinen klassischen Fußballclub als Background, sondern agieren autonom. Auf diese Weise treten sie auch nicht in nationalen eSports-Ligen wie der Virtuellen Bundesliga oder ihrem Pendant aus der Premier League in Großbritannien an. Diese Meisterschaften sind den Vereinen vorbehalten.

Im Gegensatz zu den “Design-Teams”, die oft unter dem Dach von Sportmarketing-Agenturen entstanden sind, tragen viele Clubs regelmäßige Ligaspiele aus, weshalb sie kontinuierlich in den Aufbau ihrer Teams investieren, die möglichst lange an die Clubs gebunden werden. Hierin ähneln sich die eSports-Clubs den klassischen Fußball-Abteilungen ihrer Vereine.

Die Investoren
Hinter den Teams stehen neben den Vereinen und Agenturen häufig auch Privatpersonen und Prominente, die sich eine eigene eSports-Mannschaft halten. Zu den bekanntesten Vertretern gehört hierzulande sicherlich Mesut Özil. Der ehemalige Nationalspieler gründete im letzten August unter dem Namen „M10“ sein eigenes FIFA-Team. Inzwischen hat er seine Mannschaft komplettiert und soll dabei rund eine halbe Million Euro investiert haben.

Neben Özil gehören auch Sport-Stars wie Shaquille O’Neal zu eSports-Investoren und inzwischen geben selbst Prominente wie Jennifer Lopez sechs- bis siebenstellige Summen für eSports-Beteiligungen aus.

Eine der größten Investitionen tätigte schon 2016 der russische Milliardär Alisher Usmanov, der damals geschätzte 100 Millionen US-Dollar für den Kauf des renommierten eSports-Teams Vitus.Pro auf den Tisch legte.

Bisher haben sich die eSports-Organisatoren von der FIFA nicht zu der Kritik an der WM geäußert. Die nächsten Turniere werden zeigen, ob die Eventmanager ihren Kurs beibehalten, oder ob sie Zugeständnisse an die Vereine machen und zu der alten Regel zurückkehren.