580.000-GBP-Betrug: Spielsüchtige Angestellte ruiniert Gemeinschaftspraxis

Posted on: 12/02/2022, 05:30h. 

Last updated on: 11/02/2022, 03:02h.

Eine Praxisgemeinschaft im englischen Oldham hat ihre Zulassung verloren, nachdem eine spielsüchtige Praxis-Managerin die Mediziner um 580.000 GBP (rund 690.000 EUR) gebracht hat. Infolge des Betrugs geriet die Ärztegemeinschaft finanziell und organisatorisch in Schieflage. Offizielle Ermittlungen hatten schwere Missstände zutage gefördert.

 Frau mit Laptop Stethoskop
Die Praxisangestellte erschlich sich über eine halbe Million GBP. (Quelle: unsplash.com/National Cancer Institute)

Betrugsgelder beim Online-Glücksspiel verzockt

Im Sommer 2019 wurde die ehemalige Praxismanagerin Karen E. schuldig gesprochen, ihren Arbeitgeber um über eine halbe Million Pfund betrogen zu haben. Nun wurde die Praxisgemeinschaft von offizieller Stelle geschlossen.

Die damals 44-Jährige wurde zu drei Jahren und vier Monaten Haft verurteilt. Sie hatte zugegeben, binnen 15 Monaten insgesamt 582.265,65 GBP von Praxiskonten an sich selbst überwiesen zu haben. Der Großteil des Geldes sei in ihre Spielsucht geflossen. So habe die Frau exzessiv Online-Sportwetten betrieben.

Zur Verschleierung der Taten hatte Karen E. unter anderem Einträge in Hunderten von Patientenakten gefälscht. Bei neun Personen vermerkte sie dabei fälschlich, dass sich diese in „End-of-Life“-Situationen befänden, also unheilbar krank seien und zeitnah versterben würden.

Karen E.s Verteidiger hatte damals auf die schwere Lebenssituation seiner Mandantin verwiesen:

Sie hatte ein Alkoholproblem und war süchtig nach Kodein-Medikamenten, und um dem zu entkommen, nutzte sie Glücksspiel-Apps auf ihrem Handy. Es ist so einfach – einmal hat sie 120.000 Pfund gewonnen und die Glücksspiel-Firma hat ihr eine Flasche Champagner geschenkt, aber sie hat das Geld innerhalb weniger Tage verloren. Ihre Sucht wurde fortgesetzt, und die Glücksspielunternehmen spielen dabei eine gewisse Rolle.

Zwar habe die Frau ihr Leben nach außen hin im Griff gehabt, unter der Oberfläche habe es jedoch immer gebrodelt.

Nach Spielsucht-Betrug: Praxis gerät in Schieflage

Wie britische Medien berichten [Seite auf Englisch], sei die Praxis infolge des Betrugs in diversen Bereichen in Schieflage geraten. Unter anderem hätten vier der ursprünglich fünf Partner die Ärztegemeinschaft verlassen.

Nach intensiven Ermittlungen habe die zuständige Kommission die Mitarbeiter der Failsworth Group Practice nun in der vergangenen Woche über das sofortige Praxis-Aus informiert.

Dies bedeute auch, dass sich über 12.000 registrierte Patienten auf die Suche nach neuer medizinischer Betreuung machen müssten. Dem Lizenzentzug vorangegangen seien Ermittlungen, die schwerwiegende Fehler und Versäumnisse zu Tage gefördert hätten.

Unter anderem hatte die Begutachtung der Praxisgemeinschaft ergeben, dass 172 Patienten trotz klarer Hinweise nicht über das Risiko informiert worden seien, an einer potenziell tödlichen chronischen Nierenerkrankung zu leiden.

Ein anderer Fall betreffe einen der Ärzte. Dieser habe sich geweigert, ein Kind zu behandeln, das sich in den Praxisräumlichkeiten plötzlich sehr schlecht gefühlt habe. Stattdessen habe der Mediziner die Eltern dazu aufgefordert, die Notaufnahme aufzusuchen.

Auch die allgemeine Performance sei „schockierend“ gewesen. So sei die Praxis personell massiv unterbesetzt und nur sehr schlecht erreichbar gewesen.

Im Sommer 2019 hatte der zuständige Richter der spielsüchtigen Karen E. in seinem Urteil vorgeworfen, „berechnend und grausam“ gehandelt zu haben. Durch den Missbrauch ihrer Vertrauensposition habe sie nicht nur finanziell ernsthaften Schaden bei ihren Opfern angerichtet. Als wie schwerwiegend sich die Folgen des Betrugs für die Ärzte und Patienten noch erweisen würden, dürfte jedoch auch der Jurist nicht geahnt haben.