Atommüll-Endlager bei Las Vegas? Glücksspiel­industrie formiert Protest

Posted on: 17/04/2019, 03:03h. 

Last updated on: 17/04/2019, 03:03h.

Die Trump-Administration fordert für das Steuerjahr 2020 Gelder in Höhe über 150 Millionen US-Dollar, um die Einrichtung eines Atommüll-Endlagers am Yucca Mountain voranzutreiben, der sich rund 150 km von Las Vegas entfernt befindet. Nun haben sich die Größen der US-amerikanischen Glücksspielindustrie in einem offenen Brief an die Politik gewandt: Sie fürchten negative Konsequenzen fürs Geschäft und fordern den Senat auf, das Anliegen der Regierung zu blockieren.

Yucca Mountain Nevada
Das Gelände Yucca Mountain in der Wüste von Nevada (Quelle:United States Department of Energy, public domain)

Wirtschaftsstandort in Gefahr

Im neuaufgeflammten, bereits Jahrzehnte andauernden Streit um die Errichtung eines Endlagers für hochradioaktive Abfälle nahe Las Vegas wendet sich die in der Glücksspielmetropole ansässige Wirtschaft hilfesuchend an das US-Repräsentantenhaus und den Senat.

Mit 2,2 Millionen Einwohnern und über 42 Millionen Touristen im Jahr sei die Gegend um Las Vegas ungeeignet für die Errichtung eines Atommüll-Endlagers, so die Verfasser des offenen Briefes an die Abgeordneten:

Der Einfluss, den der nukleare Abfall auf unsere Besucher und Angestellten haben könnte, würde zweifellos ernsthafte negative Auswirkungen auf die Zukunft und das Wirtschaftswachstum Nevadas nach sich ziehen.

Das Who is Who von Las Vegas

Die Liste der Unterzeichner Briefs von 15. April 2019 ist lang und liest sich wie das Who is Who der US-amerikanischen Glücksspielindustrie:

Neben den Präsidenten der Dachverbände American Gaming Association und Nevada Resort Association unterstützen auch die CEOs von Las Vegas Sands, MGM Resorts International, Penn National Gaming, Boyd Gaming Corporation, Caesars Entertainment, Red Rock Resorts, Wynn Resorts und William Hill U.S. das Anliegen.

Die Forderung wurde ebenfalls von den Spitzen der Handelskammer und der Tourismusbehörde von Las Vegas unterschrieben.

Bereits im Jahr 1987 wurde der Yucca Mountain durch einen Zusatz zum Nuclear Waste Policy Act von 1982 zum „einzigen Gelände, das als Endlager für den Atommüll der Nation in Frage kommt“ erklärt.

Das Endlager sollte in einer Tiefe von 200 bis 425 m unter der Oberfläche rund 77.000 Tonnen Atommüll fassen. Studien zufolge ist das geplante Fassungsvermögen im vulkanischen Tuff bereits seit dem Jahr 2011 überschritten.

Zudem gilt das Gebiet als stark erdbebengefährdet.

Atommüll Yucca Mountain
Seit Jahrzehnten ein Thema: Atomstollen im Yucca Mountain (Quelle:United States Department of Energy, public domain)

Im Jahr 2002 beschloss die Regierung des damaligen Präsidenten George W. Bush die Errichtung des Endlagers entgegen Warnungen aus der Wissenschaft und massiver Proteste.

Amtsnachfolger Barack Obama stoppte das Vorhaben einstweilen 2009 aufgrund einer Neubewertung des Erdbebenrisikos in der Region, 2012 wurde das Projekt offiziell für gescheitert erklärt.

Seit seiner Amtseinführung versucht Präsident Trump, das Projekt erneut anzustoßen.

Nicht der erste Vorstoß der Trump-Administration

In dem offenen Brief werden die verantwortlichen Politiker aufgefordert, ihre bisherige Blockadehaltung beizubehalten und die geforderten Finanzmittel nicht freizugeben.

Wir bitten Sie eindringlich, weiterhin zusammenzuarbeiten um sicherzustellen, dass Yucca Mountain ein Teil der Vergangenheit Nevadas bleibt und Atommüll niemals in der Nähe der Glücksspielhauptstadt der Welt oder auf dem hochgeschätzten öffentlichen Land Nevadas gelagert wird.

Bereits in beiden vorangegangenen Haushaltsplänen hatte die amtierende Regierung auf eine Finanzierung des Yucca Mountain Projektes gedrängt, war aber am Widerstand des Kongresses gescheitert.

Insgesamt geht es um die Bewilligung von knapp 116 Millionen Dollar für das Department of Energy und 38,5 Millionen Dollar für die Nuclear Regulatory Commission (NRC).

Im vergangenen Monat hatte die Regierung einen 4,7 Billionen schweren Haushaltsentwurf für 2020 veröffentlicht, in dem auch das Budget für die Wiederaufnahme der Pläne für Yucca Mountain aufgeführt ist.

Atommüll kein Problem für Touristen?

Befürworter des Yucca Mountain Projektes wie der republikanische Abgeordnete John Shimkus können die Sorge der Glücksspielindustrie um den Wirtschaftsstandort Las Vegas nicht nachvollziehen.

Die Herausforderung in der Errichtung eines dauerhaften Endlagers für hochradioaktive Abfälle liegt darin, den Atommüll sicher von der Biospäre abzusondern. Hierfür ist ein wasserdichter Einschluss der Materialien unbedingt notwendig, um chemische Reaktionen zu verhindern.

Zeichen radioaktiv
Bislang gibt es weltweit keine tragfähigen Konzepte zum Thema Atommüll (Quelle: Cary Bass, gemeinfrei)

Bislang sind allerdings keine Behälter bekannt, die der radioaktiven Strahlung über Jahrtausende standhalten können, weswegen hochradioaktives Material in bergwerksählichen Stollen in geologischen Formationen gelagert wird.

Abgesehen von den Risiken, die den Lagern durch klimatische Veränderungen und Naturkatastrophen drohen, ist bislang auch nicht geklärt, wie kommende Generationen über Jahrtausende vor den Gefahren der strahlenden Deponien gewarnt werden können.

Shimkus` Sprecher wies in Erwiderung auf den offenen Brief an die Abgeordneten darauf hin, dass jährlich 55 Millionen Touristen den Chicago Loop besuchten, ungeachtet der Tatsache, dass sich in einer Entfernung von 49 Meilen ein Atommülllager befinde.

Warum also solle ein 90 Meilen von Las Vegas entferntes Lager 42 Millionen Besucher abschrecken, fragte er via Twitter.

Entscheidung bis September

Wie genau es im Ringen um die Zukunft des Yucca Mountain weitergeht, ist ungewiss.  Bis September dieses Jahres müssten sich Demokraten und Republikaner auf einen Haushaltsentwurf einigen, um einem erneuten Shutdown zu entgehen.

Derzeit befürworten, abgesehen vom betroffenen Nevada, offiziell alle US-amerikanischen Bundesstaaten das Gelände als Standort für ein nationales Endlager für nukleare Abfälle.

Ob diese Haltung aber trotz ernsthafter Sicherheitsrisiken von der Mehrheit der Abgeordneten getragen werden wird oder doch eher einer „Aus den Augen, aus dem Sinn“-Mentalität entspringt, bleibt vorerst fraglich.