200 Mio. Euro aus illegalem Glücksspiel u.a. – Hawala-Mafia-Prozess beginnt in NRW

Posted on: 28/04/2021, 01:27h. 

Last updated on: 28/04/2021, 06:04h.

Am heutigen Mittwoch startet vor dem Düsseldorfer Landgericht der Prozess gegen sieben Männer, die Teil der sogenannten „Hawala-Mafia“ sein sollen. Die Anklage wirft ihnen vor, am Staat vorbei rund 213 Mio. Euro aus Deutschland in den Nahen Osten transferiert zu haben. Die fraglichen Gelder sollen aus Straftaten wie dem illegalen Glücksspiel stammen.

Euronoten in Briefumschlag
Die Angeklagten sollen mit über 200 Mio. Euro Bargeld hantiert haben. (Quelle:unsplash.com/Markus Spiske)

Vermögenswerte in Höhe von 22 Mio. Euro konfisziert

Am 19. November 2019 stürmte ein Großaufgebot der Polizei zeitgleich mehrere Objekte in NRW. Rund 850 Beamte waren offiziellen Angaben zufolge im Einsatz, um ein sogenanntes „Hawala-System“ zu sprengen. Bei den Durchsuchungen in Meerbusch, Düsseldorf, Duisburg und Bottrop konfiszierten die Ermittler damals Schmuck im Wert von 6,5 Mio. Euro, Gold und andere Edelmetalle im Wert von 7,1 Mio. Euro sowie rund 6,2 Mio. Euro an Bargeld.

Laura Hollmann von der zuständigen Staatsanwaltschaft in Düsseldorf erklärte das Hawala-System damals so:

Das ‘Hawala-System’ ist ein in Deutschland illegales Zahlungssystem, das überwiegend auf Vertrauen basiert. Person A geht zu einer Einzahlungsstelle – vornehmlich Juweliere – kann dort Bargeld abgeben und erhält dafür einen Code. Person B kann dann im Ausland, insbesondere der Türkei, zu einer Auszahlungsstelle gehen und bekommt bei Nennung des PIN-Codes das Geld.

Erträge aus illegalem Glücksspiel flossen ins Ausland

In dem Fall, der ab heute vor dem Düsseldorfer Landgericht verhandelt wird, sollen die Angeklagten zwischen Anfang 2018 und dem Auffliegen ihres Netzwerkes Ende 2019 mehr als 213 Mio. Euro illegal transferiert haben. Die Staatsanwaltschaft legt den sieben Männern im Alter zwischen 33 und 53 Jahren insgesamt über 2.500 Straftaten zur Last. Zwischenzeitlich sollen sie über ihr Netzwerk täglich bis zu 700.000 Euro vornehmlich in die Türkei geschafft haben.

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass so unter anderem Gewinne aus der sogenannten Clankriminalität ins Ausland geflossen seien. Diese Gelder stammten vielfach aus Einnahmen aus dem organisierten illegalen Glücksspiel, Drogengeschäften, Steuerbetrug und weiterer im Bereich des Rotlichtmilieus angesiedelter Taten.

In ihrem erklärten Kampf gegen kriminelle Strukturen innerhalb bestimmter Großfamilien setzen die NRW-Behörden unter anderem auf eine „Strategie der 1.000 Nadelstiche“. Diese beinhaltet auch die vermehrte Durchsuchung von Glücksspiel-Lokalitäten. Infolge Corona-bedingter Maßnahmen wie Schließungen, so ein Mitte April vom NRW-Innenministerium vorgelegter Bericht, sei die Anzahl der Razzien im vergangenen Jahr jedoch deutlich gesunken. Seien 2019 noch 232 Wettbüros und Spielhallen im Rahmen des „Kampfes gegen die Clankriminalität“ durchsucht worden, habe es 2020 lediglich 143 einschlägige Kontrollen gegeben.

Für den Prozess sind 17 Verhandlungstage angesetzt. Neben der individuellen Schuld der Angeklagten soll auch geklärt werden, inwieweit der Staat die konfiszierten Vermögenswerte endgültig einziehen kann. Die Urteile werden frühestens Ende Juli erwartet.