Glücksspiel und Wirtschafts­krise: Steigende Spielsucht-Gefahr durch Inflation?

Posted on: 11/10/2022, 09:57h. 

Last updated on: 11/10/2022, 09:57h.

Die Energiekrise, die steigenden Lebenshaltungskosten und die Inflation sorgen für eine große Verunsicherung in der Bevölkerung. Suchtexperten sehen in der aktuellen Situation die Gefahr, dass die Menschen im Glücksspiel einen Weg sehen könnten, schnell an Geld zu kommen. Dies berichtete die Frankfurter Rundschau am Montag.

Mann, Geldregen
Setzen die Menschen besonders in Krisenzeiten auf das Glücksspiel? (Bild: pixabay.com)

Insbesondere für vulnerable Gruppen und Menschen mit problematischem Spielverhalten könne die aktuelle Situation Gefahren bergen und in den endgültigen Ruin führen. Diesbezüglich äußerte der Bundesverband Selbsthilfe Glücksspielsucht:

In finanziell unsicheren Zeiten sind die Spieler immer getrieben von der Aussicht auf den einen großen Gewinn, der einem dann alle finanziellen Sorgen nimmt.

Auch Menschen, die bisher noch nicht mit dem Glücksspiel in Berührung gekommen seien, könnten sich motiviert fühlen, Sportwetten zu platzieren oder Lotto zu spielen. Daher sei die Inflation für suchtanfällige Menschen doppelt gefährlich.

Mehr oder weniger Glücksspiel in der Wirtschaftskrise?

In der Glücksspielliteratur fehle es an empirischen Studien über die Auswirkungen wirtschaftlicher Rezessionen auf das Spielverhalten. Die vorhandenen Ansätze basierten hauptsächlich auf aggregierten Ausgaben- oder Umsatzdaten, heißt es in einem Artikel aus dem Jahre 2017 von Frontiers in Psychology.

So deuten beispielsweise die Ergebnisse von Studien aus dem Jahre 2012 in den Vereinigten Staaten von Horváth und Paap [Seite auf Englisch] darauf hin, dass die wirtschaftliche Rezession zu einer geringeren Beteiligung an Casino-Spielen, aber gleichzeitig zu steigenden Lotterieumsätzen führe.

Der Glücksspielforscher Tobias Hayer von der Universität Bremen verweist auf eine isländische Studie aus dem Jahre 2012, die zu ähnlichen Erkenntnissen gekommen sei:

Diejenigen, die über finanzielle Schwierigkeiten aufgrund der Rezession berichteten, kauften mit größerer Wahrscheinlichkeit eher Lotto- oder Rubbellose als diejenigen, die nicht von der Krise betroffen waren. Offenbar wirken die in Aussicht gestellten Millionengewinne beim Lotto in derartigen Krisenzeiten noch verlockender als ohnehin schon.

Ob ein ähnlicher Trend auch in Deutschland möglich sei, ist derzeit noch nicht durch aussagekräftige Daten unterlegt. Die Landesstellen für Suchtberatung hätten noch keine konkreten Zahlen nennen können, die auf eine spürbare Auswirkung der Inflation auf das Glücksspielverhalten hinwiesen.

Laut Hayer sei ein ähnlicher Trend bei den Lotterien jedoch nicht auszuschließen. Bereits zu Zeiten der Pandemie habe der Deutsche Lotto- und Totoblock ein leichtes Umsatzplus erzielt. Angesichts der bevorstehenden Fußball-Weltmeisterschaft im November könne es auch im Bereich der Sportwetten trotz der Inflation zu Mehreinnahmen für die Anbieter kommen.