Skandal im australischen Pferdesport: Tausende Pferde gequält und geschlachtet

Posted on: 18/10/2019, 01:58h. 

Last updated on: 18/10/2019, 01:58h.

Am Freitag hat der australische Nachrichtendienst ABC schockierende Aufnahmen aus einem Schlachthof in Caboolture, Queensland, veröffentlicht. Die heimlich gefilmten Videoaufnahmen zeigen, wie ehemalige Rennpferde geschlagen, getreten, mit Elektroschocks angetrieben und schließlich getötet werden.

Rennpferd ohne Jockey
Gesunde Zuchthengste massenhaft geschlachtet (Bild: Pixabay)

Während die australische Pferderennindustrie nach wie vor beteuert, dass lediglich 1 % aller Rennpferde im Schlachthaus enden, behaupten Tierschützer, dass allein im letzten Jahr dort insgesamt 4.000 gesunde Zuchthengste getötet worden seien.

Heimliche Aufnahmen von Whistleblowern veröffentlicht

Der Pferderennsport ist in den letzten Jahren weltweit immer wieder von Skandalen erschüttert worden. Die aktuellen Anschuldigungen gegen den australischen Rennsport jedoch dürften besonders schwerwiegende Folgen für die Industrie haben.

Die von der ABC veröffentlichen Videoaufnahmen lassen wenig Interpretationsspielraum. Abgemagerte Pferde werden auf engstem Raum zusammengepfercht und von Arbeitern getreten und geschlagen [Seite auf Englisch/Warnung: Originalvideoaufnahmen mit möglicherweise verstörendem Inhalt].

Die Aufnahmen sollen aus einem einzelnen Schlachthof in Queensland stammen. Dort allein seien laut den Tierschützern in den letzten 22 Tagen 300 Rennpferde geschlachtet worden.

Die Tierschützer hätten den Schlachthof bereits seit 2 Jahren beobachtet und heimlich Beweismaterial gesammelt. Ihrer Aussage nach würden dort pro Jahr gut 4.000 Pferde getötet. Das entspreche fast der Hälfe aller pro Jahr aus dem Pferdesport entlassenen Zuchthengste.

Den Berichten zufolge werde ein Teil des Fleisches dann nach Europa oder Asien exportiert. Oft werde es vor allem zur Produktion von Haustierfutter verwendet.

Niemand fühlt sich verantwortlich

Laut den Regularien der Aufsichtsbehörde Racing Australia sollte maximal 1 % der ehemaligen Rennpferde aus dem Rennsport direkt an Schlachthöfe gegeben werden. Und auch das sei lediglich die letzte Option für Pferde, die keine andere Perspektive mehr hätten.

Die Besitzer aller weiteren Rennpferde seien hingegen dazu verpflichtet, dafür zu sorgen, dass die Pferde ein neues Zuhause bekämen. Oft werden diese an andere Industrien verkauft, wo sie beispielweise dem Entertainment von Kindern dienen sollen.

Die Vorwürfe der Tierschützer passen also wenig in dieses Bild. Die Industrie reagierte entsprechend empört und schockiert.

Barry O’Farrell, der Vorsitzende von Racing Australia, stellte sich dem Thema im Interview mit ABC. Seine Worte galten jedoch in erster Linie der Verteidigung der Branche:

Die Vorstände der Aufsichtsbehörden tun alles, was in ihrer Macht steht, um sicherzustellen, dass der Rennsport blüht und gedeiht, aber auch, dass die Verantwortung für das Wohl der Pferde innerhalb der jeweiligen Rechtsprechung so groß wie möglich ist.

Er erklärte des Weiteren, dass man die gezeigten Praktiken natürlich nicht unterstütze, es sich aber um einen Schlachthof in Queensland handle. Die Pferde kämen keineswegs direkt aus dem Rennsport in New South Wales dorthin, sondern über Umwege durch ihre neuen Besitzer.

Die Verantwortung liege damit nicht mehr in der Branche selbst, denn der Verbleib der Pferde müsse nach ihrem Verkauf entsprechend der geltenden Gesetze nicht mehr nachverfolgt werden.

O’Farrell stellte des Weiteren die offene Frage, warum die vermeintlichen Whistleblower erst jetzt an die Öffentlichkeit gegangen seien. Schließlich hätten diese viel Leid vermeiden können, wenn sie früher eingegriffen hätten.

Angesichts einer derartigen Aussage scheint die Frage nach der Schuld und Verantwortung zweifellos bereits jetzt sehr unangenehm auf der Branche zu lasten, zumindest auf Führungsebene.

Jockeys und Trainer zutiefst erschüttert

Während die höheren Etagen der Branche eher Beschwichtigungsarbeit zu leisten scheinen, hielten Trainer und Jockeys, die direkt mit den Pferden arbeiten, ihre Trauer und Wut nicht zurück.

Laura Cheshire, ein berühmter australischer Jockey, postete eine emotionale Nachricht auf ihren Social-Media-Kanälen, nachdem sie ihr ehemaliges Rennpferd namens War Ends auf Aufnahmen wiedererkannt hatte.

Ich war so angeekelt. Ich saß auf meiner Couch und habe geheult. Das Material anzuschauen, war hart genug, aber dass dann ein Pferd gezeigt wurde, mit dem ich so viel gearbeitet habe, das war etwas, von dem ich niemals geglaubt hatte, mit konfrontiert zu werden.

Cheshire teile auch die Aussage der Tierschützer, dass auf der Suche nach dem stärksten und perfektesten Pferd schlicht zu viele Rennpferde gezüchtet werden. Die Pferde würden dann nach nur kurzer Zeit „ausrangiert“, da die jüngere Nachzucht mehr Potential verspreche.

Für die älteren Pferde dann neue Besitzer zu finden, die mit derart kraftvollen Tieren umgehen können, sei sehr schwer. Viele seien überfordert und verkauften die Tiere direkt weiter. Spätestens dann verliere sich in vielen Fällen die Spur der Pferde.

Dass es an zahlreichen Stellen großen Verbesserungsbedarf im Pferdesport gibt, ist nicht von der Hand zu weisen. Es bleibt zu hoffen, dass die Branche die nötigen Änderungen schnellst möglich durchführt.