Großbritannien: Glücksspiel-Stätten überproportional in ärmeren Regionen ansässig

Posted on: 23/08/2021, 03:13h. 

Last updated on: 23/08/2021, 03:13h.

Laut einer neuen Studie der Universität Bristol [Seite auf Englisch] gibt es in den ärmeren Städten und Regionen Großbritanniens deutlich mehr Spielstätten als in den wohlhabenderen Gegenden des Landes. Insgesamt gebe es derzeit 10.730 lizenzierte Glücksspiel-Betriebe in Großbritannien.  21 % davon seien in den ärmsten 10 % aller Ortschaften ansässig.

Wettbüros Buchmacher Paddy Power William Hill Highstreet UK
18 % der britischen Wettbüros befinden sich in den ärmsten Ortschaften des Landes (Bild: Flickr/Alan Stanton/CC BY-SA 2.0)

Lediglich 2 % der Spielstätten hingegen seien in den wohlhabendsten Gegenden des Landes zu finden. Am größten sei die Diskrepanz bei den sogenannten „Family Entertainment Centres“ (FEC), in welchen unter anderem Spielautomaten und andere Geldspielgeräte vorfindbar sind. Insgesamt 34 % aller britischen FECs befänden sich im ärmsten Zehntel.

Ähnlich ungleich sei die Verteilung von Bingo-Hallen, von denen sich 30 % auf die ärmsten Ortschaften konzentrierten. Die Zahlen für Wettbüros und Casinos seien etwas niedriger, mit je 18 respektive 24 % jedoch immer noch auffällig.

Wettbüros konzentrierten sich vor allem in den Stadtkernen verschiedener Großstädte. Im Zentrum von Schottlands bevölkerungsreichster Stadt Glasgow gebe es insgesamt 194 stationäre Buchmacher. Die zweitmeisten Wettbüros habe der Stadtkern von Liverpool mit insgesamt 136 Standorten.

Auffällig sei auch innerhalb der Städte und Stadtkerne, dass sich die Spielstätten inklusive der Wettbüros in jenen Bezirken konzentrierten, in denen bekannterweise ärmere Bevölkerungsgruppen wohnten. Die Autoren der Studie erklären:

Wettbüros neigen in Großbritannien dazu, genau in den Gebieten Cluster zu bilden, in denen die Menschen sich das Glücksspiel am wenigsten leisten können und manch einer würde behaupten, dass dies eine absichtliche Strategie der Wettanbieter ist, die auf besonders gefährdete Personen abzielen.

So seien Menschen mit geringem Einkommen und geringer Bildung, ethnische Minderheiten und junge Menschen allesamt anfälliger für Glücksspielprobleme. Und genau diese Gruppen lebten vorwiegend in ärmeren Gegenden, heißt es weiter.

Viele Spielstätten in der Nähe von Schulen

Doch nicht nur die ungleiche Verteilung von Glücksspiel-Betrieben sei ein beunruhigendes Ergebnis der Studie. So hätten die Forscher ebenfalls erhoben, dass eine große Anzahl von Spielstätten sich in unmittelbarer Nähe von Schulen befindet.

Von den insgesamt 23.729 Schulen in England lägen 2.221 weniger als 250 Meter von einer Spielstätte entfernt. Für ein Kind bedeute dies einen fünfminütigen Gehweg.

Britische Behörden können einen Antrag auf eine stationäre Glücksspiellizenz nicht allein auf Grundlage der geographischen Entfernung zu bestehenden Spielstätten und anderen spezifischen Orten ablehnen. Das britische Oberhaus (House of Lords) hat im Rahmen der anstehenden Glücksspiel-Reform jedoch vorgeschlagen, die Gesetze dahingehend zu ändern.

Dadurch könnten ähnlich wie in Deutschland feste Mindestabstände für Spielbetriebe vorgeschrieben werden. In den meisten deutschen Bundesländern gelten seit Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags 2021 Mindestabstände von 500 Metern unter Spielstätten sowie zum Beispiel zu Schulen. Auf Großbritannien übertragen würde das entsprechend den Studiendaten die Schließung zahlreicher Wettbüros und Spielhallen nach sich ziehen.

Noch problematischer sei die Häufung von Spielstätten in unmittelbarer Nähe zu Suchthilfen, Selbsthilfegruppen, Spielsucht-Kliniken und ähnlichen Angeboten für Problemspieler.

Von den 348 Standorten, an denen Spielsüchtigen geholfen wird, seien 20 % weniger als 100 Meter von der nächsten Spielgelegenheit entfernt. Weitere 50 % lägen in einem 250-Meter-Radius einer Spielstätte.