Menschenhandel und Ausbeutung: Verbrecher locken mit Jobs in Online-Casinos

Posted on: 15/01/2022, 05:30h. 

Last updated on: 14/01/2022, 03:25h.

Das boomende Geschäft mit Online-Casinos lockt weltweit auch Verbrecher unterschiedlichster Couleur an. In Asien mehren sich Fälle, in denen Menschenhändler ihre Opfer mit dem Versprechen gutbezahlter Arbeit im Glücksspiel-Bereich in die Falle locken. In den USA dienen Casinos derweil oft als Anbahnungsstätte für das Geschäft zwischen Freiern und Zwangsprostituierten.

Frau mit Barcode und Slavery-Schriftzug auf Schulter
Verbindungen zwischen Menschenhandel und Glücksspiel-Umfeld sind keine Seltenheit (Quelle:flickr.com/Maria Charitou, licensed under CC BY-ND 2.0)

Opfer berichtet von Menschenhandel in Las-Vegas-Casinos

In den USA gilt der Januar als offizieller „Human Trafficking Awareness Month“. Am vergangenen Mittwoch, dem 11.01., wurde der jährliche „Human Trafficking Awareness Day“ begangen. Der Kampagnenmonat warnt vor den Gefahren des Menschenhandels.

Unter anderem die US-NGO Truckers Against Trafficking (TAT) sieht die Glücksspielbranche besonders in der Pflicht, diesbezüglich wachsam zu sein. So gebe es eine Vielzahl von Berichten ehemaliger Zwangsprostituierter, nach denen Treffen mit Freiern oft in Casinos-Resorts arrangiert worden seien.

Die Organisation bietet auch Schulungsmaterialien [Seite auf Englisch] für Casino-Betreiber und -Angestellte zum Thema an. In diesen kommt auch eine Überlebende zu Wort. Annika Huff beschreibt:

Als ich Opfer des Menschenhandels wurde, hielten mich die Leute für eine Prostituierte. Der Handel mit mir als Ware fand in aller Öffentlichkeit statt und war dennoch gut versteckt, mitten in den Casinos auf dem Las Vegas Strip, inmitten von Tausenden von Menschen am Tag […]. Mein Leben war in Gefahr, wenn ich kein Geld für meinen Menschenhändler verdiente. Jeder dachte, er wüsste, was ich war, also fragte niemand nach; aber wenn jemand angehalten hätte, um mit mir zu reden, hätte er vielleicht herausgefunden, was mir geschehen ist.

Menschenhandel statt Job im Casino

Auch in Asien gibt es immer wieder Berichte, nach denen die Glücksspiel-Industrie für den Menschenhandel genutzt wird. In dieser Woche berichtete [Seite auf Englisch] die Tageszeitung Khmer Times aus Phnom Penh, dass in Kambodscha allein im Jahr 2021 über 200 vietnamesische Bürger aus den Fängen von Menschenhändlern gerettet worden seien.

Im Sommer vergangenen Jahres machte ein gruseliges Gerücht die Runde. Über Social Media verbreitete sich eine Erzählung, nach der die Live-Dealerinnen des Online-Krypto-Casinos Roobet Opfer von Menschenhandel seien.

Stream-Mitschnitte zeigten junge Frauen, denen es während des Spielbetriebs offenbar nicht gut zu gehen schien. Eine von ihnen verlor vor laufender Kamera das Bewusstsein. Belastbare Hinweise, dass die mutmaßlich in Osteuropa ansässigen Frauen tatsächlich „versklavt“ seien, gab es nicht.

Den Opfern seien meist via Social Media gutbezahlte Jobs in Casinos oder bei Online-Glücksspiel-Betreibern angeboten worden. Nach den von den Tätern organisierten illegalen Grenzübertritten würden Frauen meist in die Prostitution gezwungen. Stehe ihr Gesundheitszustand dieser „Arbeit“ irgendwann entgegen, zwängen die Täter sie zur Einnahme von Methamphetamin.

Männer müssten derweil andere Zwangsarbeiten verrichten. Ein Mann, der von Menschenhändlern in einem nicht näher benannten Betrieb in der Glücksspiel-Stadt Sihanoukville eingesetzt wurde, berichtet der Khmer Times gegenüber, gefangen gehalten worden zu sein.

Wenn er nicht gearbeitet habe, sei er ununterbrochen eingesperrt und mit Handschellen gefesselt gewesen. Da diese an der Decke befestigt gewesen seien, habe er sich nicht setzen oder hinlegen können. Auch der Schlaf sei im Stehen erfolgt.

Menschenhandel in deutschen Casinos?

Auch in Deutschland stellt der Menschenhandel ein Problem dar. Laut einem im vergangenen September veröffentlichten BKA-Lagebild habe es 2020 insgesamt erfolgreich abgeschlossene 465 Ermittlungsverfahren wegen Menschenhandels und Ausbeutung gegeben. Das Dunkelfeld dürfte entsprechend sehr viel höher sein, wie unter anderem die Menschenrechtsorganisation Terre des Femmes anmerkt.

Horrormeldungen von Menschenhandel im Glücksspiel-Umfeld gab es hierzulande nicht. Überschneidungen der kriminellen Akteure bei Zwangsprostitution/Arbeitsausbeutung, illegalem Glücksspiel und Geldwäsche über Casino-Angebote liegen jedoch nahe.