US-Pferderennen: Prozess gegen Doping-Tierärzte gestartet
Posted on: 23/01/2022, 05:30h.
Last updated on: 21/01/2022, 04:40h.
Am Donnerstag hat vor dem New Yorker Bundesgericht der Prozess gegen die US-amerikanischen Tierärzte Dr. Seth Fishman und Lisa Giannelli begonnen. Die beiden sollen jahrelang leistungssteigernde Medikamente entwickelt haben, die von gewöhnlichen Doping-Tests nicht aufgespürt werden. Kurz vor Prozessbeginn hatte Fishman in einem Exklusivinterview mit der Washington Post [Seite auf Englisch] seine Unschuld beteuert.
Die beiden Tierärzte sind nur zwei von insgesamt mehr als zwei Dutzend Angeklagten in dem Medienangaben zufolge „größten Doping-Verfahren in der Geschichte des Pferderennsports“. Dieses hatte im März 2020 begonnen. Zehn der Beklagten haben ihre Schuld bereits gestanden.
Darunter auch „Doping-König“ Jorge Navarro, der zu einer Gefängnisstrafe von fünf Jahren und einer Entschädigungszahlung von 25 Mio. USD verurteilt wurde.
Beweislast erdrückend
Fishman und Giannelli plädierten bislang auf unschuldig, berichtet das US-Branchenmagazin Paulick Report. Nach ihrer Verhaftung im Dezember 2019 seien die beiden zunächst auf Kaution in Höhe von jeweils 100.000 USD freigelassen worden.
Zur Eröffnung des Verfahrens am Donnerstag kommentierte Staatsanwalt Anden Chow:
Fishman und Giannelli haben Medikamente verkauft, um die Regeln zu umgehen. Zwei Jahrzehnte lang haben sie alles dafür getan, um nicht gefasst zu werden. Damit waren sie erfolgreich, bis heute.
Laut der Washington Post sei die Beweislast gegen die beiden Angeklagten erdrückend. So hätten die US-Polizeibehörden insbesondere Fishman bereits seit vielen Jahren im Visier gehabt und seine Telefongespräche abgehört.
Nachdem Navarros Pferd X Y Jet im Jahr 2019 das mit 1,5 Mio. USD dotierte Dubai Race gewonnen hatte, soll der Pferdetrainer sich bei Fishman für dessen „wichtigen Beitrag zum Sieg“ bedankt haben. Das Pferd verstarb 2020 an einem Herzinfarkt.
In einem anderen Telefongespräch soll Fishman einem Trainer eine Alternative zum leistungssteigernden Mittel Epogen angeboten haben. Das von ihm entworfene Medikament habe die gleiche Wirkung, werde aber nicht von den Standard-Drogentests erfasst.
Ebenfalls 2019 hätten Polizeibeamte während Durchsuchungen bei Fishman weitere verbotene oder fehletikettierte Substanzen gefunden. Kurz vor Prozessbeginn habe es im Dezember 2021 eine weitere Razzia gegeben. Dabei habe sich herausgestellt, dass der Veterinär während er auf Kaution in Freiheit gewesen sei, erneut Medikamente entwickelt und zu Doping-Zwecken verkauft habe.
Eine Verschwörung der Branche?
Entgegen der Empfehlung seines Anwaltes habe sich Fishman wenige Tage vor dem Prozessbeginn den Fragen der Presse gestellt. In dem umfangreichen Interview mit der Washington Post spricht er davon, dass sich die gesamte Branche gegen ihn verschworen habe.
Der Pferderennsport sei voll von Korruption, systematischem Doping und Tiermissbrauch. Der Branche gehe es dabei allein um Profite aus Pferdewetten. Auch die Anti-Doping-Gesetze dienten nur dazu, die Integrität der Branche vorzutäuschen, damit das Wettgeschäft nicht leide, so Fishman.
Ginge es den Gesetzgebern um das Tierwohl, wären bestimmte Medikamente nicht verboten, die die Schmerzen der Tiere effizient lindern könnten.
Ich biete sichere Alternativen zu den derzeit [für Doping] genutzten Substanzen. Ich bin der Ansicht, gute Medizin zu praktizieren. Und die Tatsache, dass diese nun bei Tests auffallen oder eben nicht, ich wüsste nicht, warum es das zu einem Verbrechen macht. Ich denke nicht, dass Tierärzte eine Lösung für ein Glücksspiel-Produkt liefern müssen, welches scheinbar immer korrupter wird. Die Bedürfnisse der Tiere müssen über denen der Glücksspieler stehen.
Als Tierarzt habe für ihn stets das Wohl der Pferde Priorität. Die Regulierungsbehörden hingegen kriminalisierten harmlose und wichtige Medikamente. Fishman rechne nicht damit, freigesprochen zu werden. Das Urteil sei ihm jedoch egal, sagt er gegenüber der Washington Post.
Er habe Schilddrüsenkrebs im dritten Stadium und keine Kinder. Die Gerichte könnten daher gern ein Exempel an ihm statuieren. Ob die „korrupte Branche“ oder Gott ihn bestraften, sei nicht mehr wichtig.
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