Post-Brexit: Hat Gibraltars Glücksspiel eine Zukunft?

Posted on: 03/02/2019, 05:30h. 

Last updated on: 12/02/2019, 09:09h.

Seit vor mehr als zwei Jahren die Entscheidung für den Brexit fiel, befindet sich das Kronbesitztum Gibraltar in einem immensen Konflikt. Gibraltar lebt zu großen Teilen vom Tourismus und vom Online Glücksspiel und profitiert in beiden Bereichen in großem Maße von der Zugehörigkeit zur EU.

Gibraltar
Hat Gibraltars Glücksspiel eine Zukunft? (Bild: Wikimedia)

Doch die Fristen rücken näher, der endgültige Brexit droht und dringende Lösungen müssen her, um das Land vor dem wirtschaftlichen Untergang zu bewahren. Laut der UK Gambling Commission konnte ein Kompromiss mit Gibraltar erreicht werden, doch die Zusammenhänge scheinen weiterhin komplex und undurchsichtig.

Geopolitisches Chaos vom Feinsten

Als die Briten am 23. Juni 2016 mit nur knapper Mehrheit für den Brexit stimmten, hatten die wenigsten Wähler eine Ahnung, welche Folgen und Auswirkungen ihre Entscheidung auf die Zukunft ihres Landes und haben würde.

Wobei die Bezeichnung „Brite“ schon nicht hundertprozentig angebracht ist. Denn zunächst einmal gibt es das Vereinigte Königreich, mit dem offiziellen Zusatz „Großbritannien und Nordirland“, bestehend aus England, Schottland, Wales und Nordirland. Doch wahlberechtigt waren nicht nur die Bewohner dieser Länder.

Denn ebenfalls zum Königreich gehören die Kronbesitztümer Jersey, Guernsey und die Isle of Man sowie vierzehn Übersee Territorien. Eine davon – die kleine Peninsula südlich von Andalusien – ist Gibraltar.

Wahlberechtigt waren zur Zeit des Referendums unter anderem die Gibraltarer, die ebenso über die volle britische Staatsangehörigkeit und den britischen Pass verfügen. Und anders als im Norden war man sich an der Südspitze Spaniens absolut einig, was die Idee des Brexits anbelangte: 96 % der Wähler auf Gibraltar stimmten gegen den Brexit und für einen Verbleib in der EU.

Brexit Wahlausgang
Brexit Wahlausgang nach Regionen (Bild: Wikipedia)

Obwohl sich Gibraltar selbst regiert und über ein gewähltes Parlament verfügt, muss sich die Region den endgültigen Entscheidungen des Vereinigten Königreiches beugen. Diese Entscheidung lautete, dass unter Berücksichtigung aller betroffenen Gebiete insgesamt 51,89 % der Wähler für den Brexit stimmte.

Zwar ist per britischer Gesetzgebung ein Referendum längst nicht absolut verbindlich, doch herrscht in der Regierung nach wie vor die Meinung, man müsse den „Willen des Volkes“ akzeptieren. Die Nicht-Anerkennung der mehrheitlichen Entscheidung würde das Vertrauen aller Bürger beschädigen.

Gibraltar – das Scheidungskind

Seit der Entscheidung für den Brexit sitzt Gibraltar zwischen den Stühlen. Hatte es einerseits immer zum „Vaterland Großbritannien“ aufgeschaut und sich mit diesem identifiziert, so ist es doch „Mama EU“, die dafür sorgt, dass alles in geregelten Bahnen läuft und alle Grundbedürfnisse erfüllt werden.

Hört man sich unter den Gibraltarern um, fühlen diese sich mehrheitlich britisch. Gleichzeitig gibt es zum Teil eine erschreckende Hispano-Phobie.

Viele Briten kommen ins Land, um in der IT-Branche oder ähnlichem zu arbeiten, während spanische Arbeiter aus dem Süden vor allem als Reinigungskräfte in Gibraltar tätig sind.

Man könnte aktuell sagen, dass das Trennungsjahr zwischen UK und EU noch andauert und der Verbleib von Scheidungskind Gibraltar nicht zu hundert Prozent entschieden ist. In der Tat hatte die Halbinsel darüber nachgedacht, unabhängig zu werden, um weiterhin die Vorzüge der EU genießen zu können.

Gebiete widerstandslos abzugeben, war jedoch noch nie eine Stärke der Briten und man bemühte sich lange um Lösungen und Sondervereinbarungen, um alle Parteien einigermaßen zufrieden zu stellen.

Gibraltar und das Glücksspiel

Das Glücksspiel in Großbritannien ist nicht nur legal, sondern auch hervorragend reguliert durch die UK Gambling Commission. Neben dieser gibt es weitere britische Behörden auf der Isle of Man, Alderney, Jersey, Guernsey und eben auch in Gibraltar.

Für Online Casinos sind die Lizenzierungen durch den Gibraltar Gambling Commissioner besonders lukrativ, da in der Region vergleichsweise niedrige Steuerabgaben verlangt werden. Neben der Isle of Man ist Gibraltar damit für viele Anbieter sehr attraktiv, um zu günstigen Konditionen eine EU-Lizenz zu erhalten.

Die Gibraltar Betting and Gaming Association [Seite auf Englisch] lizenziert derzeit 19 verschiedene Online Glücksspielanbieter. Unter den Lizenznehmern befinden sich viele große Namen wie William Hill, Lottoland, Mansion, Betfair, Bet365, Ladbrokes oder Gala Coral.

Doch welchen Wert werden die EU-Lizenzen haben, wenn Gibraltar nicht mehr Teil der Europäischen Gemeinschaft ist? Zuletzt gab es mehr Fragen als Antworten rund um die Zukunft des dortigen Glücksspiels.

Sollte es endgültig zum Brexit kommen, wird es auch von Bedeutung sein, wie Spanien auf die „neue Grenze“ reagiert. Laut einem Bericht der spanischen Online Zeitung „EuroWeekly“, wohnten gut 60 % aller Angestellten der Glücksspielbranche Gibraltars im benachbarten Spanien.

Die geheimnisvollen Vereinbarungen

Ende Januar trafen sich anlässlich der Gibraltar EU Verhandlungen zum achten Mal die Minister Großbritanniens und Gibraltars. Das große Diskussionsthema war erneut, wie Gibraltar trotz definitivem Austritt aus der EU seine Handelsfreiheit erhalten könne.

Besonders der Glücksspielsektor war in dieser Hinsicht von großer Bedeutung.  Glücklicherweise scheint bezüglich des wichtigen Wirtschaftszweigs nun eine gütliche Vereinbarung getroffen worden zu sein.

Mims Davies, der britische Minister für Sport und Soziales, verkündete, dass die Glücksspielbehörden von Großbritannien und Gibraltar enger zusammenarbeiten würden und es für Gibraltar gleichzeitig keinerlei Veränderungen bezüglich des EU Marktes geben würde.

Bessere Nachricht könnte es in Bezug auf die Glücksspielbranche derzeit nicht geben. Davies sagte dazu:

Ich bin froh, dass wir zu dieser Vereinbarung gekommen sind, welche es uns ermöglichen wird, noch enger zwischen den Regulierungsbehörden GBs und Gibraltars zusammenzuarbeiten. Eine Kooperation zwischen Behörden ist ein wertvolles Werkzeug im gemeinsamen Bestreben nach fairem und sicherem Glücksspiel bei gleichzeitiger Sicherung des sozialen Wachstums.

Genaue Details über diese Vereinbarungen wurden noch nicht veröffentlicht. Fürs Erste scheint es so, als könnten all jene, die unmittelbar in das Glücksspiel Gibraltars eingebunden sind, aufatmen.