Bet365 streicht 80 % seiner Jobs in Gibraltar

Posted on: 30/08/2019, 10:58h. 

Last updated on: 30/08/2019, 11:15h.

Der britische Sportwettenanbieter Bet365 plant, 80 % der Stellen seiner Dependance in Gibraltar zu streichen. Wie die Buchmacher am gestrigen Donnerstag bekanntgaben, sollen nur etwa 100 der rund 500 Bet365-Beschäftigten ihren Job in der britischen Enklave behalten.

Gibraltar
In Gibraltar residieren viele Glücksspielfirmen (Bild: Pixabay/lutz6078)

Die Nachricht kommt nicht ganz überraschend, denn schon im Mai hatten Unternehmensvertreter angekündigt, in Erwartung eines nahenden Brexits Teile des Geschäfts nach Malta verlagern zu wollen. Das Unternehmen betonte jedoch, weiterhin eine “bedeutende operative Präsenz” in Gibraltar aufrechtzuerhalten.

In einem Statement erklärte Bet365:

“Nach den sehr positiven Gesprächen mit dem Premierminister von Gibraltar, Fabian Picardo, dem Minister für Glücksspiel, Albert Isola, und der Glücksspiel-Regulierungsbehörde behalten wir unsere duale Lizensierungs- und Regulierungsstrategie zwischen Gibraltar und Malta bei und können bestätigen, dass wir eine lizensierte und operationale Präsenz in Gibraltar aufrechterhalten werden.”

Trotzdem ist die Ankündigung der Reduzierung des Mitarbeiterbestands um vier Fünftel ein herber Schlag für die Rolle Gibraltars als Standort für internationale Glücksspielunternehmen.

Es wurde nicht bekannt, wie viele der 400 von der Entscheidung Betroffenen eine neue Position in Malta angeboten bekommen. Beobachter erwarten jedoch, dass sich aufgrund der großen Entfernung zwischen den beiden Standorten viele Mitarbeiter gegen einen Wechsel entscheiden dürften.

Der Wettanbieter Bet365 wurde im Jahr 2000 von der Britin Denise Coates gegründet und erwirtschaftete 2018 bei einem Umsatz von 2,7 Milliarden Pfund Sterling einen operativen Gewinn von 660 Millionen Pfund Sterling. Die Gründerfamilie hält noch immer 50,01 % an dem Konzern und zählt mit einem Gesamtvermögen von geschätzten 4,5 Milliarden Pfund Sterling zu den reichsten Familien Großbritanniens.

Im letzten Jahr machte das Geschäftsgebaren der 51-jährigen Gründerin Denise Coates von sich reden, weil sie sich ein Geschäftsführergehalt in Höhe von 220 Millionen Pfund Sterling bewilligte und darüber hinaus 45 Millionen Pfund Sterling an Dividenden einstrich. Mit insgesamt 265 Millionen Pfund Sterling zahlte ihr Bet365 damit das höchste Gehalt, das jemals ein Firmenboss in Großbritannien erhalten hat.

Die in Gibraltar verbleibenden Beschäftigten sollen künftig für das Geschäft in Großbritannien zuständig sein, während der Standort auf Malta nach Unternehmensangaben signifikant ausgebaut wird, um von dort aus die diversen Angebote in anderen europäischen Ländern zu koordinieren.

Brexit bedroht Gibraltars Stellung im Glücksspielbereich

Der Schritt von Bet365 macht deutlich, dass der immer wahrscheinlicher werdende Brexit auch in der Glücksspielbranche hohe Wellen schlägt. Viele Betreiber von Online Casinos und Online Wettbüros mit Sitz in Gibraltar oder im Besitz einer dort ausgestellten Glücksspiellizenz befürchten, dass ihnen nach einem Ausstieg Großbritanniens aus der EU der Zutritt zu diesem Markt verwehrt wird, da dann auch das britische Überseegebiet am Südzipfel Spaniens nicht mehr zum europäischen Staaten- und Wirtschaftsraum zählen dürfte.

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Bet365 ist einer der größten Wettanbieter (Bild: bet365.com)

Doch die Firmen sehen nicht nur ihren rechtlichen Status bedroht. Denn der Europäische Gerichtshof hat bereits 2017 erklärt, dass Gibraltar im Falle eines Brexits keine Sonderrolle erwarten dürfe. Das beträfe vor allem die vielen tausend Beschäftigten aus dem Glücksspielsektor, die auf dem Weg zur Arbeit täglich die Grenze von Spanien nach Gibraltar überqueren.

Schätzungen gehen davon aus, dass etwa 8.000 bis 10.000 Spanier in Gibraltars Glücksspielsektor arbeiten. Im schlimmsten Fall stünden die Glücksspielkonzerne nach einem Brexit ohne viele ihrer Mitarbeiter da.

Aufgrund der unsicheren Lage könnten zudem weitere Unternehmen aus dem Glücksspielbereich in Erwägung ziehen, sich aus der Exklave zumindest teilweise zurückzuziehen, um ihre Geschäfte in Europa nicht zu gefährden. Für Gibraltar wäre dies ein harter Schlag, denn die Glücksspielindustrie ist für schätzungsweise 25 % aller Einnahmen verantwortlich.

Kein Wunder, dass Gibraltars Premierminister Fabian Picardo den Brexit öffentlich als “worst-case scenario” bezeichnet hat. Die nächsten Wochen werden zeigen, ob der Schritt von Bet365 Nachahmer finden wird.