Spielsüchtiger Hamburger Polizist in kriminelle Aktivitäten verwickelt

Posted on: 15/01/2019, 12:55h. 

Last updated on: 15/01/2019, 03:01h.

Ein 31-jähriger Polizist der Hamburger Kriminalpolizei verfiel dem Glücksspiel und nutzte seine Position aus, um gemeinsam mit Komplizen aus der kriminellen Unterwelt Straftaten zu begehen. Nun hat der Mann vor dem Hamburger Landgericht ein Geständnis abgelegt.

Landgericht Hamburg
Vor dem Landgericht Hamburg muss sich derzeit ein spielsüchtiger Polizist verantworten (Quelle:pixabay.com/Scholie)

Spielsüchtiger Polizist: Langjährige Haftstrafe möglich

In Hamburg steht derzeit ein Kriminalbeamter vor Gericht. Die Liste der Vorwürfe gegen den 31-Jährigen und seine vier mutmaßlichen Komplizen ist lang:

Urkundenfälschung, Bestechlichkeit, Bestechung, Amtsanmaßung, versuchte Körperverletzung, gewerbsmäßiger und schwerer bandenmäßiger Betrug. Bei Verurteilung drohen dem mittlerweile vom Dienst suspendierten Angeklagten zwischen ein und fünfeinhalb Jahren Gefängnis.

§41 Bundesbeamtengesetz

Verlust der Beamtenrechte

(1) Werden Beamtinnen oder Beamte im ordentlichen Strafverfahren durch das Urteil eines deutschen Gerichts

  1. wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr oder
  2. wegen einer vorsätzlichen Tat, die nach den Vorschriften über Friedensverrat, Hochverrat, Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates oder Landesverrat und Gefährdung der äußeren Sicherheit oder, soweit sich die Tat auf eine Diensthandlung im Hauptamt bezieht, Bestechlichkeit strafbar ist, zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten

verurteilt, endet das Beamtenverhältnis mit der Rechtskraft des Urteils.

Spielschulden und schlechte Gesellschaft

Es habe damit angefangen, dass er seit Jahren Glücksspiel betreibe, gab der ursprünglich aus Mecklenburg-Vorpommern stammende 31-Jährige vor Gericht zu Protokoll. Zunächst habe er versucht, seinen Schulden aus Roulette- und Pokerspielen von rund 50.000 Euro mit Krediten zu begegnen und sogar einen 450-Euro-Job neben seiner Arbeit als Polizeibeamter angenommen.

2017 habe er dann Bekanntschaft mit einem 30-Jährigen gemacht. Dieser neue Kumpel, der über Kontakte im Rotlichtmilieu verfügte, habe ihn, den Polizisten, als jemanden kennengelernt, der über seine Verhältnisse lebte:

Er bekam mit, dass ich Polizist war, lernte mich als Lebemensch kennen, als jemand, der mehr ausgab als er einnahm.

Als klar wurde, welchen Beruf er ausübte, habe sein Bekannter gemeinsam mit weiteren Männern darüber sinniert, was man wohl „daraus machen könne“.

Aufgrund seiner persönlichen Situation habe er eingewilligt, gemeinsame Sache mit den neuen Freunden zu machen, gab der Beamte zu Protokoll.

Kriminelle Coups: Keine Glanzleistungen

Der erste gemeinsame „Einsatz“ der fünf Angeklagten erfolgte im Januar 2018: Während seine Komplizen versuchten, einen Geldautomaten zu knacken, habe er in der Nähe im Dienstwagen gesessen und den Polizeifunk verfolgt, um die Räuber gegebenenfalls zu warnen. Der Coup misslang, die Männer brachen den Versuch ab.

Einen Tag später startete die Gruppe einen weiteren Versuch, an Geld zu kommen. Nach vorheriger Recherche im Polizeicomputer bastelte der Beamte eigenen Angaben zufolge per Copy Paste einen Durchsuchungsbeschluss zusammen. Vermutlich um Kriminellen Schwarzgeld abzunehmen.

Vor Ort habe man allerdings festgestellt, dass der auf dem gefakten Dokument verzeichnete Name zu keinem der Klingelschilder passte und sei zunächst in einer falschen Wohnung gelandet: Bei einer Mutter und ihrem Kleinkind war keine Beute zu machen.

Zwei Stockwerke höher war der Erfolg größer: Vor den Augen der Bewohner, eines vietnamesischen Paars und ihres siebenjährigen Kindes, setzten die falschen Polizisten ihre Durchsuchung fort. Letztendlich „beschlagnahmten“ die Männer Bargeld in Höhe von 12.900 Euro, drei Mobiltelefone und Flugtickets nach Vietnam.

Allerdings, so der Polizist, sei man sich auch hier nicht sicher gewesen, ob es sich um die Wohnung der ursprünglichen Zielperson gehandelt habe: Die Suche nach dem Geld habe viel zu lang gedauert.

Dienst nach Vorschrift: Spielsüchtiger Polizist fliegt auf

Geldautomat
Auch das Aufbrechen eines Geldautomaten misslang (Quelle:4028mdk09, licensed under CC BY-SA 3.0)

Als die Opfer der Wohnungsdurchsuchung sich auf der Wache nach ihrem beschlagnahmten Geld erkundigten, ergab die Nachfrage beim LKA, dass hier etwas nicht stimmen konnte: Für den betreffenden Tag war keine solche Aktion angesetzt gewesen. Mithilfe der Verbindungsdaten des genutzten Telefons kamen die Fahnder ihrem Kollegen schnell auf die Spur.

Im Zuge der Ermittlungen stellte sich heraus, dass der 31-Jährige abgehen von dem „Schmierestehen“ beim misslungenen Automatenknacken und der ebenfalls nicht so ganz glatt gelaufenen Durchsuchungsaktion, auch eine Strafanzeige gefälscht und Informationen aus der polizeilichen Datenbank weitergegeben hatte.

Zudem nahm er einen seiner Komplizen zu einer echten Hausdurchsuchung mit und gab diesen vor Ort als Auszubildenden aus. Ans Licht kam der Vorgang durch ein Blitzerfoto: Auf dem Weg zu der polizeilichen Maßnahme war der Angeklagte mit seinem gut auf dem Beifahrersitz erkennbaren Begleiter in eine Radarkontrolle gerast.

Kleines Licht oder Initiator?

In seinem Geständnis betonte der Beschuldigte, nur eine Nebenrolle in der ganzen Geschichte gespielt zu haben. Er habe sich im Hintergrund gehalten, geplant sei gewesen, dass er mit 1.500 Euro auf eine monatliche „Gehaltsliste“ gesetzt werde. Hiervon habe er nur 500 Euro bekommen. Abgesehen von seinem Anteil von 1.600 Euro bei der Durchsuchungsaktion, seien lediglich weitere 300 bis 400 Euro für seine Dienste geflossen.

Dem widersprach einer der Mitangeklagten vehement: Der Polizist sei keineswegs ein kleines Licht, sondern vielmehr der Ideengeber der Truppe gewesen, ließ der Mann über seinen Verteidiger verlesen.

So habe er bereits beim ersten Treffen den Gedanken aufgebracht, im Polizeipräsidium 150.000 Euro durch Falschgeld ersetzen zu wollen. Zudem habe er eigenständig die Adressen vermeintlicher Krimineller für mögliche Durchsuchungen besorgt und sei klar als Wortführer aufgetreten.

Außerdem habe der Beamte einen Anteil von 60 % der Einnahmen gefordert, man habe ihn auf 50 % herunterhandeln können. Diese habe er auch erhalten.

Der Prozess wird fortgesetzt.