Diskriminierung im Wettlokal? Französische Medienvertreter wegen Verleumdung angeklagt

Posted on: 22/06/2020, 03:42h. 

Last updated on: 22/06/2020, 03:59h.

Die Chefin von France Télévisions, Delphine Ernotte, sowie die Journalisten David Pujadas und Caroline Sinz sollen wegen Verleumdung vor Gericht gestellt werden. Wie die Sendeanstalt France Bleu am Freitag berichtet hat [Seite auf Französisch], werde ihnen vorgeworfen, dem Betreiber eines Wettlokals Diskriminierung unterstellt zu haben.

Pariser Strafgericht
Der Verleumdungsfall wird vor dem Pariser Strafgericht verhandelt. (Flickr: „Le Tribunal Correctionnel“ by Patrick Janicek, licensed under CC BY 2.0)

In der Reportage vom 7. Dezember 2016, ausgestrahlt in einer abendlichen Nachrichtensendung auf Kanal France 2, hätten die Journalisten berichtet, dass Frauen im Au Jockey Club, „unerwünscht“ seien. Der Vorfall habe sich in einer Bar des französischen Wettanbieters Pari Mutuel Urbain (PMU) in der Gemeinde Sevran, in einem Pariser Vorort, ereignet.

Eine PMU-Bar ist ein Lokal, in dem Wettkunden in Zusammenarbeit mit der französischen Pari Mutuel Urbain (PMU) Pferdewetten abgeben und Lotto spielen können. In der angeschlossenen Bar können Getränke konsumiert und Sportveranstaltungen verfolgt werden.

„Hier gibt es keine Geschlechtervielfalt“

Mit versteckter Kamera habe Sinz zusammen mit Nadia Remadna von der Gruppe „Brigade des mères“ (Französisch für Brigade der Mütter), die gegen die Radikalisierung junger Menschen in den Vororten kämpft, die Bar betreten. Anwesende Gäste hätten daraufhin geäußert, dass Frauen in dem Etablissement nicht erwünscht seien:

In diesem Café gibt es keine Geschlechtervielfalt. Wir sind in Sevran, nicht in Paris. (…) Hier gibt es eine andere Mentalität, es ist wie im bled [Anm. d. Red.: arabischsprachiges Herkunftsland von Immigranten in Frankreich]. Hier in eine Bar zu gehen, bedeutet, sich dem Frauenverbot zu widersetzen.

Der Bericht habe in den sozialen Medien eine lebhafte Debatte über die Diskriminierung von Frauen in französischen Vororten ausgelöst. Die Ereignisse seien von einigen als Symbol für den dortigen Einfluss von Islamisten gedeutet worden.

Betreiber will „seine Ehre zurückgewinnen“

Verschiedene Medienanstalten hätten in der Folge Gegendarstellungen veröffentlicht, in denen gezeigt worden sei, dass Frauen in dem Wettlokal nicht diskriminiert würden. Der Schaden sei jedoch bereits angerichtet worden.

Der Betreiber, Amar Salhi, wolle durch die Verleumdungsklage auf Grundlage von ethnischer Zugehörigkeit und Herkunft „seine Ehre zurückgewinnen“. Seine Bar habe im Anschluss an den Bericht schließen müssen, so Salhi.

Der Fall soll vor dem Pariser Strafgericht verhandelt werden. Der Termin für den Prozess stehe noch nicht fest.