Spionage und Hacking: Skandal in der belgischen Glücksspiel-Aufsicht

Posted on: 15/09/2021, 02:00h. 

Last updated on: 15/09/2021, 02:00h.

Der ehemalige Generaldirektor der belgischen Glücksspiel-Aufsicht, Peter Naessens, ist am Dienstag zu einer Haftstrafe von zwölf Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Er soll den ehemaligen Leiter der IT-Abteilung der Behörde, Norbert Boyen, 2019 zu interner Spionage und Hacking angestiftet haben, berichtet der belgische Rundfunkkanal RTBF [Seite auf Französisch].

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Ex-Generalsekretär der belgischen Glücksspiel-Aufsicht wegen Anstiftung zum Hacking zu zwölf Monaten Haft auf Bewährung verurteilt (Bild: Pixabay)

Konkret soll Naessens von Boyen gefordert haben, in das E-Mail-Postfach des damaligen Geschäftsführers der Behörde, Etienne Marique, einzudringen, um etwaige belastende E-Mails auf einen USB-Stick zu kopieren.

Das Vorhaben sei die Folge eines internen Disputs gewesen. So habe Marique die beiden Männer im Mai 2019 beschuldigt, Server der Glücksspiel-Kommission gestohlen und verkauft zu haben. Polizeiliche Ermittlungen hätten dies jedoch nicht bestätigt. Den anschließenden E-Mail-Raub habe schließlich das belgische Zentrum für Integrität aufgedeckt.

Das belgische Zentrum für Integrität (Centre Intégrité du Médiateur federal) ist eine Institution, die Amtsmissbrauch und Betrug im öffentlichen Dienst untersucht und zwischen Beamten und Staat vermittelt. Sie ist laut dem internationalen Verband der Bürgerbeauftragen und Mediatoren (AOMF) mit der österreichischen Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft vergleichbar.

Weder Naessens noch Boyen hätten die Vorwürfe abgestritten. Ebenso wie Marique selbst seien sie daraufhin suspendiert worden. Die Verteidigung der beiden habe jedoch darauf bestanden, dass das Verfahren gegen die Männer unzulässig sei.

So habe sich das Zentrum für Integrität selbst unzulässiger Ermittlungsmetoden schuldig gemacht, indem sie E-Mails zwischen Naessens und dessen Rechtsanwalt gelesen habe.

Missstände in der Glücksspiel-Aufsicht?

Den Einwand der Verteidigung habe der zuständige Richter in Brüssel jedoch nicht akzeptiert. Bei der jüngsten Gerichtsverhandlung habe sich Naessens nun zu den Beweggründen für das Hacking geäußert. So habe er diverse interne Missstände aufdecken wollen. Marique sei zu jenem Zeitpunkt beispielsweise bereits seit 20 Jahren Geschäftsführer gewesen. Das Gesetz besage jedoch, dass der Chef-Posten nach spätestens zwei Amtszeiten und damit sechs Jahren neu besetzt werden müsse.

Als Generaldirektor sei Naessens zu dem Schluss gekommen, dass die Besetzung der Spitze politisch motiviert sei. Darüber hinaus habe er „eine Reihe von Regelverstößen“ seitens Marique ans Licht bringen wollen. Unter anderem werfe er ihm vor, regelmäßig interne Informationen an einen Journalisten der Zeitung „La Dernière Heure“ weitergegeben zu haben.

Nach Ansicht des Richters rechtfertige die erklärte Absicht jedoch nicht die Schwere des Tatbestandes. Im abschließenden Urteilsspruch heißt es:

Die Tatsachen sind äußerst schwerwiegend. Beide haben ihre Positionen als hohe Funktionäre missbraucht und dadurch die Ethik, die ihre Funktion erfordere, verletzt.

Naessens sei schließlich zu einer Haftstrafe von zwölf Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Zusätzlich habe er eine Geldstrafe von 24.000 Euro erhalten, von denen 8.000 „auf Bewährung ausgesetzt“ seien, was nach deutschem Recht einer „Verwarnung mit Strafvorbehalt“ entspricht.

Boyen hingegen habe eine Haftstrafe von acht Monaten auf Bewährung erhalten. Er müsse zudem eine Geldstrafe von 10.000 Euro zahlen; weitere 10.000 Euro seien ebenfalls als Verwarnung mit Strafvorbehalt ausgesprochen worden.