Massenhafter Daten­missbrauch? Britische Behörde prüft schwere Vorwürfe gegen Online-Glücksspiel-Anbieter

Posted on: 11/08/2022, 02:08h. 

Last updated on: 11/08/2022, 02:48h.

Die britische Datenschutzbehörde Information Commissioner‘s Office (ICO) prüft eine Beschwerde, nach der Online-Glücksspiel-Anbieter massiven Datenmissbrauch betrieben, um auch gefährdete Spieler an sich zu binden oder zurückzugewinnen.

Frau wird mit Entwicklercodes angestrahlt
Den Online-Glücksspiel-Betreibern wird massenhafter Datenmissbrauch durch Digital Profiling vorgeworfen (Quelle: unsplash.com/ThisisEngineering RAEng)

Beschwerdeführer ist die Kampagnengruppe Clean Up Gambling. Sie beruft sich auf eine von ihr in Auftrag gegebene Studie, nach der unter anderem die Flutter-Tochter Sky Bet Tracking-Technologie verwende, die detaillierte Verhaltensprofile von Nutzern erstelle. Die umfangreichen Daten würden zu Werbezwecken auch an eine Vielzahl Dritter weitergegeben.

Digital Profiling beim Online-Glücksspiel

Wie am Wochenende zuerst die Financial Times [Seite auf Englisch] berichtete, bezieht sich die Spielerschutz-Organisation Clean Up Gambling in ihrer Beschwerde auf einen Bericht des österreichischen Forschers und Datenschutz-Experten Wolfie Christl.

Dieser war in seiner im Januar dieses Jahres veröffentlichten Studie Digital profiling in the online gambling industrie [dt. Digitales Profiling in der Online-Glücksspiel-Branche) zu dem Schluss gekommen, dass Industrieriesen wie Sky Bet Nutzerdaten massenhaft sammelten und weitergäben.

https://twitter.com/wolfiechristl/status/1486670265283186689?lang=de

Dutzende Werbepartner des Konzerns, wie Facebook, Google und Microsoft, erhielten so detailliert Auskunft über die Nutzer des Online-Glücksspiel-Angebots. Werbepartner Signal, eine Tochter der britischen Auskunftei TransUnion, sei auf diese Weise in den Besitz von Dossiers mit 186 errechneten Attributen der entsprechenden Personen gelangt.

Die von den Firmen mithilfe Tausender Datenpunkte erstellten Kundenprofile schlüsselten unter anderem Indikatoren für die Suchtgefährdung des Einzelnen auf. Auch Informationen wie Einloggzeiten, Spielgeschwindigkeit oder gespielte Einsätze seien minutiös vermerkt.

All dies sei laut Christl geeignet, um gefährdete Spieler mit gezielter Werbung anzusprechen.

Widerrechtliche Weitergabe sensibler Daten

Mit Blick auf die bei Sky Bet zum Einsatz kommenden Tracking-Technologien und dem Raum, den sie für Missbrauch bieten, fordert Clean Up Gambling nun die Überprüfung der gesamten Online-Glücksspiel-Branche sowie deren Werbepartner. Den Spielerschützern zufolge sei davon auszugehen, dass ähnliche Techniken flächendeckend zum Einsatz kämen.

Matt Zarb-Cousin steht der Organisation als Direktor vor. Er erklärte der Financial Times gegenüber:

Dies ist das scharfe Ende des Datenmissbrauchs. Wir sprechen hier von Sucht, von Menschen, die riesige Geldsummen verlieren, und von Profilerstellung, die zur Verschlimmerung dieser Situation eingesetzt wird. Das ist nicht wie der Verkauf von Gartengeräten im Internet. Wir reden hier über etwas, das sehr, sehr süchtig macht.

Die Beschwerde wirft Sky Bet zudem vor, sensible medizinische Daten, wie beispielsweise im Sucht-Kontext, ohne Einwilligung der Betroffenen und somit rechtswidrig zu erheben. Entsprechend hätten die Nutzer auch nie der Weitergabe der Informationen an Dritte zugestimmt.

Während die Datenschutzbehörde die Vorwürfe prüft, weist das Sky-Bet-Mutterhaus Flutter jeglichen Verdacht des Datenmissbrauchs von sich. So habe der Glücksspiel-Konzern der Financial Times gegenüber erklärt, dem Schutz seiner Kunden und deren Daten höchste Priorität einzuräumen.

Die Daten-Zusammenarbeit der Marke Sky Bet mit Dritten diene derweil dazu, gesponsorte Social-Media-Werbung explizit von gefährdeten Kunden weg und eben nicht auf sie zu richten.