Spielsucht-Prävention nur ohne Werbung für Glücksspiel und Sportwetten möglich?

Posted on: 06/06/2022, 04:08h. 

Last updated on: 06/06/2022, 04:08h.

Sponsoring-Verträge zwischen Glücksspiel- und Sportwetten-Anbietern und dem Sport geraten auch in Deutschland immer häufiger in die Kritik. Laut dem Suchtforscher Daniel Deimel des Aachener Instituts für Sucht- und Präventionsforschung sei die im Fußball „omnipräsente“ Glücksspiel-Werbung ein großes Hindernis bei der Prävention von Spielsucht, berichtete der Deutschlandfunk am Sonntag.

Person guckt Fußball am Fernseher Bier und Chips
Sportwetten und Glücksspiel-Sponsoring werden von vielen als normal angesehen (Bild: Piqsels)

Spielsucht beschränke sich längst nicht mehr auf die klassische Abhängigkeit vom Spielautomaten. Seit einiger Zeit verbreite sich das Problem auch immer mehr unter Sportfans, die beim Buchmacher ihre Tipps abgeben. Die im Sport weit verbreitete und weitgehend tolerierte Glücksspiel-Werbung fungiere dann als ein unmittelbarer „Verstärker“ der Sucht.

Sportwetten zu sehr normalisiert?

Anders als beispielsweise Werbung für Online-Casinos werde Banden- oder Trikot-Werbung von Sportwetten-Anbietern in der Gesellschaft als normal angesehen. Dies begünstige ein Entstehen von Spielsucht im Bereich Sportwetten und erschwere zudem den Kampf gegen die Sucht.

Laut Deimel sei es daher wichtig, das Problembewusstsein zum Thema zu fördern. Statt die Sportwetten-Werbung als etwas „ganz Normales“ hinzunehmen, müsse auch deren Kehrseite öffentlich mehr diskutiert werden.

Wenn eine gewisse Normalität eines problematischen Verhaltens so toleriert wird, akzeptiert wird, wenn überall getrunken wird oder ich mich in einem Milieu bewege, wo Glücksspiel omnipräsent ist, dann entsteht eben so ein Problembewusstsein nicht unbedingt. Das heißt, wir brauchen einen Rahmen, in dem ein Substanzkonsum oder eben auch Glücksspielverhalten kritisch betrachtet werden kann.

Gerade Sportwetten gälten als eine der gesellschaftsfähigsten Formen des Glücksspiels. Ein mangelndes Gefahrenbewusstsein sei hier besonders fatal, insbesondere weil Sportwetten heutzutage rund um die Uhr online zur Verfügung stünden.

Sportwetten in Deutschland unzureichend reguliert?

Wie der Suchtexperte weiter erklärt, sei der Online-Sportwetten-Sektor in Deutschland nicht ausreichend strikt reguliert. Es gebe kaum Einschränkungen in Bezug auf das Angebot. Auch in diesem Kontext sei Glücksspiel-Werbung daher grundsätzlich kontraindiziert.

Das Zulassen oder Verbieten von Glücksspiel-Werbung ist derzeit in vielen Ländern ein Diskussionsthema. Die Glücksspiel-Verbände sind sich dabei einig, dass ein Werbeverbot ausschließlich Nachteile bringe. Das Hauptargument besteht darin, dass Spieler nur dank der Werbung einen Überblick erhielten, welche Anbieter in ihrem Land legal und kontrolliert seien. Ein Totalverbot hingegen führe unweigerlich zu einem Anstieg des Schwarzmarkts, wie sich seit zwei Jahren in Italien zeige.

Das Fehlen verschiedener Restriktionen im Bereich Online-Sportwetten sei ein großer Risikofaktor für die Entwicklung einer Sucht, so Deimel weiter. Problematisch dabei sei zudem, dass sich diese Arten der Suchterkrankung über einen zum Teil langen Zeitraum nur schleichend etablieren.

Käme es zu „Entzugserscheinungen“ oder finanziellen Konsequenzen, sei es oftmals schon zu spät. Daher seien die Schaffung eines Problembewusstseins und flächendeckende Aufklärung die wichtigsten Faktoren bei der Prävention.