EuGH-Urteil: Gewinnspiel­anbieter muss Cookie-Richtlinien verändern

Posted on: 02/10/2019, 05:21h. 

Last updated on: 02/10/2019, 05:21h.

Seitenbetreiber im Internet müssen Besuchern die Möglichkeit geben, der geplanten Cookie-Nutzung aktiv zuzustimmen. Dies entschied gestern der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg. Vorausgegangen war dem Urteil ein Rechtsstreit zwischen der Gewinnspielfirma Planet49 und dem Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Die Reaktionen auf die Entscheidung der Richter fallen unterschiedlich aus.

Justitia Statue vor blauem Himmel
Ein Gewinnspielanbieter unterlag vor dem EuGH im Streit um die Zustimmung zur Verwendung von Cookies (Quelle:flickr.com/Tim Reckmann, licensed under CC BY-SA 2.0)

Vorausgefüllte Häkchen unzulässig

In der Rechtssache C-673/17 entschieden die Richter des EuGHs gestern über die Anforderungen, die Seitenbetreiber beim Setzen von Cookies einhalten müssen. Geklagt hatte der Bundesverband der Deutschen Verbraucherzentralen. Er sah die europäischen Vorgaben zur Sammlung und Verarbeitung von Nutzerdaten durch die Gewinnspielseite des Betreibers Planet49 verletzt.

Auf der Webseite des Gewinnspielanbieters waren Häkchen, die zur Zustimmung der Cookie-Nutzung gesetzt werden mussten, bereits vorausgefüllt gewesen. Nutzer hatten lediglich ein allgemeines „Ok“ bestätigen müssen. Laut der Richter des EuGHs verstößt diese Ausgestaltung der Vereinbarung jedoch gegen die Cookie-Richtlinie der EU von 2009.

Als Cookies werden Textdateien bezeichnet, die im Browser des Computers eines Nutzers Informationen zu bestimmten Webseiten speichern.

Cookies dienen einerseits dazu, den Besuch der Webseite, beispielsweise durch die Speicherung von Informationen wie Login oder Warenkorb, angenehmer zu gestalten. Auf der anderen Seite werden sie genutzt, um das Surfverhalten von Besuchern zu verfolgen und zu analysieren. Hintergrund ist hierbei meist die Erstellung von Nutzerprofilen zu Marketingzwecken.

Verbraucherschutz gegen Gewinnspielanbieter

Die Planet49 GmbH befindet sich bereits seit geraumer Zeit im Clinch mit deutschen Verbraucherschützern. Das Portal, das derzeit nicht in vollem Umfang erreichbar ist, soll über zweifelhafte Gewinnversprechen Kunden generiert haben.

Medienberichten und Internet-Bewertungen zufolge seien die angeblichen Gewinner via Telefonanruf, SMS und Email über ihre Gewinne informiert worden. Doch statt die angepriesenen Geld- und Sachpreise auszuspielen, seien in aggressiven Verkaufsgesprächen kostenpflichtige Abonnements an den Mann gebracht worden.

Widersprüchliche Rechtslage

EuGH in Luxemburg
Der EuGH in Luxemburg gab den Verbraucherschützern Recht (Quelle:Cédric Puisney, licensedunder CC BY 2.0)

Die Richtlinien des EuGHs zur Verwendung von Cookies besagen klar, dass Unternehmen Nutzerdaten nur dann verwenden dürfen, sofern ein explizites Einverständnis vorliegt.

Ähnlich beschreibt es auch die 2018 in Deutschland in Kraft getretene Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Sie verweist darauf, dass „Stillschweigen, bereits angekreuzte Kästchen oder Untätigkeit der betroffenen Person“ keine Einwilligung darstellen sollte. Eine Einwilligung definiert sie als freiwillige, informierte und unmissverständliche Handlung.

Dass bislang dennoch diverse Seiten Cookies ohne aktive Zustimmung der Nutzer einsetzen, kann auf eine rechtliche Besonderheit im deutschen Telemedienrecht von 2007 zurückgeführt werden.

Dieses geht davon aus, dass die Daten erhoben und ausgewertet werden dürfen, so lange der Nutzer dem nicht explizit widerspricht. Als Folge werden Kunden insbesondere von Online-Portalen und -Shops lediglich darüber aufgeklärt, dass sie sich durch die Nutzung der Seite automatisch mit dem Einsatz von Cookies einverstanden erklären.

Änderungen im deutschen Recht?

Auf Medienanfrage reagierte das zuständige Bundesministerium für Wirtschaft und Energie auf die Entscheidung aus Luxemburg. Es bestätigte, dass das Telemedienrecht derzeit überarbeitet werde. Ob das Luxemburger Urteil Eingang in die Anpassungen finde, sei laut Ministerium jedoch unklar:

Der EuGH hat sich hingegen nicht dazu geäußert, inwieweit das deutsche Recht den europäischen Vorgaben aus der ePrivacy-Richtlinie entspricht. Ob sich aus dem Urteil Schlussfolgerungen für die erforderliche Anpassung des Telemediengesetzes an die DSGVO ergeben, muss jetzt innerhalb der Bundesregierung geprüft werden.

Dass Gewinnspielanbieter Planet49 nun das Vorausfüllen der Zustimmung untersagt wurde, erfreut Verbraucherschützer. So erklärt Kläger vzbv, das Urteil sei ein wichtiges Zeichen für den Schutz der digitalen Privatsphäre. Nun, so ein Sprecher, sei es an den Seitenbetreibern, die Vorgaben vollumfänglich umzusetzen. Dies beinhalte auch den Verzicht auf sogenannte „Tracking-Walls“, die den Besuch einer Seite unmöglich machten, stimmte der Nutzer der Datenerhebung nicht zu.

Industrievertreter warnen derweil davor, dass die Umsetzung des Urteils zu einer massiven Ausweitung der Zustimmungstexte und somit zum Sinken der Nutzerfreundlichkeit führen könne.

Handlungsbedarf bei Seitenbetreibern?

Die Interpretation des EuGH-Urteils scheint noch lange nicht abgeschlossen. So lässt es unter anderem offen, ob neben Tracking-Cookies auch technische Cookies, die zur Funktion der Seite notwendig sind, einer aktiven Zustimmung bedürfen. Auch welche Cookies als notwendig zu betrachten wären, ist bislang nicht festgelegt.

Die Entscheidung der Luxemburger Richter zeigt erneut, dass europäisches und deutsches Recht einander, wie auch im Fall der Regelung zum Online Glücksspiel, widersprechen können. Es ist nun an der Politik, zu entscheiden, wie mit solchen Diskrepanzen künftig umgegangen werden soll.